7. August 2022 | Folge 34

Gastgewerbe der Zukunft

Ich glaube, dass sich in der Zukunft der Unternehmenszweck immer mehr in den Dienst der Menschen stellen wird, die in dem Unternehmen arbeiten. „Was kann das Unternehmen für die Mitarbeitenden tun?“ ist die Frage, die den Wandel der Arbeitswelt für mich am ehesten andeutet. Viel zitierte faire Honorierung und Wertschätzung sind dabei nur das Mindestmaß einer benötigten Arbeitskultur.

Der Arbeitsplatz der Zukunft sollte so ausgerichtet sein, dass Freude am Tun und ein guter Teamspirit immer möglich sind. Die Arbeit muss einen Sinn ergeben und ans Herz gehen. Und es sollte den Mitarbeitenden ein erheblicher Spielraum zur Mitbestimmung zugestanden werden. So wird die eingesetzte Zeit der Arbeit qualitativ wertvoller und nicht mehr als Opfer wahrgenommen, um das private Leben finanzieren zu können. Dieser Gedanke steckt eigentlich hinter der oft falschen Interpretation von „Work-Life-Balance“ als Forderung junger Berufseinsteiger.

Weiterentwicklung ist der wichtigste Aspekt bei der zukünftigen Gestaltung von Arbeit. Die Umstände, dass einige Eltern ihren Job nicht mehr beherrschen und Schule gesellschaftliche Veränderungen verschlafen hat, bringt Unternehmen in die Position, einige Versäumnisse kompensieren zu müssen. Bildungsdefizite, fehlende Schlüsselkompetenzen, Verhaltensauffälligkeiten und kaum ausgebildeter Selbstwert sind darum zukünftig Themen im Betrieb. Wir wissen, dass vor dem Ergebnis das Verhalten und davor die Einstellung stehen. Eine positive Einstellung wird zukünftig von geschulten Führungskräften vermittelt, wobei klar wird, dass die Grenzen von betrieblichem und privatem Mehrwert hinsichtlich einer glücklicheren Lebensführung fließend sind.

Es geht auch um psychische Gesundheit. Diese ist nur gegeben, wenn der Mensch nicht ausschließlich fremd bestimmt ist, er selbst Wirkung entfalten kann (kompetent ist) und er gute Beziehungen erfährt. Diese Aspekte und die Voraussetzungen für diese zu schaffen sind im Betrieb der Zukunft Pflicht. Das stellt andere Anforderungen an die Unternehmenskultur und die Definition von Leadership.
Bei der Komplexität der Veränderungen könnte der bisherige Unternehmenszweck beinahe in den Hintergrund treten. Er dient fast nur noch dazu, den Dienst an den Menschen zu finanzieren. Stumpf Gewinn zu erzielen, um den aufwendigen Lebensstil des neureichen Unternehmers zu finanzieren ist out.

Klingt das schräg für Dich? Dann wird es möglicherweise Zeit, dass Du Dich dem Wertewandel und den Herausforderungen der Zukunft eigenverantwortlich stellst. Wehe den Unternehmen, denen es nicht gelingt, einen emotionalen Kontext und eine nachhaltige Werteorientierung zu schaffen. Unsere Branche hat dabei so große Chancen und hinkt trotzdem anderen in der Entwicklung so weit hinterher. Lasst uns bitte was verändern!

Ich freue mich auf unsere Zukunft.

Euer Alexander


17. Juli 2022 | Folge 33

Früher habe ich sie Trudelhirne genannt.

Wir müssen uns auch über die Belastung der Betriebe durch die nachlassende Qualifikation von sich bewerbenden Menschen unterhalten. Am unteren Ende des Bildungssystems tummeln sich etwa 40% der Schulabgänger auf dem Niveau Hauptschule und schlechter. Die Migration trägt aufgrund sprachlicher Defizite und interkultureller Komplikationen zu dieser Größenordnung bei. Hinzukommen gravierende Bildungsdefizite, nachlassende Schlüsselkompetenzen, psychische und physische Entwicklungsstörungen, die zu diversen Verhaltensauffälligkeiten führen. Alle Betriebe spüren mittlerweile, dass die Einstiegsqualifikationen von Bewerbern manches Mal dramatisch nachlassen. Das offizielle Wording, das ich in diesem Zusammenhang gelernt habe, lautet: Multiple Vermittlungshemmnisse.

Der demographische Wandel und das lächerlich komplizierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz machen es unmöglich, diese große Gruppe potentieller Berufseinsteiger links liegen zu lassen. Wir müssen sie in die Arbeitswelt integrieren. Übrigens auch, weil wir uns für den Arbeitsmarkt als wenig attraktive Arbeitgeber positioniert haben und darum eher wenig High-Performer zu uns finden.

Die Herausforderung lautet darum, bei sinkenden Einstiegsqualifikationen, steigendem Mindestlohn, explodierenden Kosten und der serviceverwöhnten Null-Fehlertoleranz unserer Gäste nicht nur unser gewohntes Leistungsniveau zu halten, sondern auch noch eine weit bessere Leistung zu erzeugen, um mit höheren Preisen am Markt immer noch begeistern zu können. Viele Betriebe geraten dabei in eine „Friss oder Stirb“-Falle“, da sie nun auf die unbeholfen helfenden Hände angewiesen sind, die sie früher im Traum nicht zum Vorstellungsgespräch gebeten hätten.

Von der Werteverschiebung junger Generationen hin zu mehr menschlichen und immateriellen Werten haben wir noch gar nicht gesprochen. Sie stößt bei vorangehenden Generationen, die noch sehr leistungs- und ergebnisorientiert geprägt sind, oft auf maximales Unverständnis. Dieses Unverständnis sorgt schnell für das Gefühl der Ungerechtigkeit. Es kommt darum zu massiven Schwierigkeiten im Team. Die Produktivität sinkt, die Unzufriedenheit nimmt zu, die Abwanderung von überforderten Fach- und Führungskräften wird beschleunigt und zieht den Betrieb so noch schneller unter Wasser. So ist aktuell die Realität in den meisten Betrieben des Gastgewerbes und so war es vor ein paar Jahren auch noch bei uns.

Wir Unternehmer tragen einen Teil der Verantwortung an dieser Situation, weil wir uns kaum für unsere Mitarbeitenden, ihre psychische Gesundheit und ihre Werte interessiert haben. Und weil wir den gesellschaftlichen Wandel nicht verstanden haben. Oder ihn selbstgerecht auf diese These reduzieren: „Die Jugend von heute kann nix, will nix, aber Hauptsache Work-Life-Balance fordern!“ Für mich ein Ausruf der Unbeholfenheit. Zukunftsorientiert sind wir doch dafür verantwortlich, mit dieser Situation umzugehen und selbst Perspektiven zu schaffen, anstatt uns aus der Opferhaltung heraus mit der Schuldfrage aufzuhalten. Wir müssen uns wandeln und dann handeln:

Menschenbild. Leadership. Perspektivenwechsel. Unsere im Team entwickelte positive Arbeitskultur „I LOVE GASTRO“ beruht auf den Bausteinen fairer Honorierung, Wertschätzung und Weiterentwicklung. Dahinter steht die Idee, die gegenseitigen Erwartungen und Werte zu vermitteln und die jeweils notwendigen, noch fehlenden Kompetenzen bei Berufseinsteigern, Fachkräften und Führungskräften zu ergänzen. Dies um Kollegen dazu befähigen zu können, selbst zu begeistern. Dieser Idee sind wir glücklicherweise nun ein paar Jahre mit dem Ergebnis gefolgt, dass wir ein wunderbares Team geworden sind, den Fachkräftemangel hinter uns gelassen haben und zum FIZZZ Award „Arbeitgeber des Jahres“ nominiert worden sind.

Wir leben als Branche von Begeisterung und sollten darum auch als Arbeitgeber begeistern. Wir möchten mit unserer Kultur „I LOVE GASTRO“ einen Teil zurückgeben, anderen ein Beispiel sein und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Viel Freude bei Eurem Wandel!

Euer Alexander


28. Februar 2022 | Folge 32

Das Problem ist nicht die Erhöhung des Mindestlohnes!

Nach meiner Theorie müsste doch allein der Mangel an Fachkräften für steigende Löhne und die gute Verhandlungsposition sorgen, sich nicht mehr ausbeuten lassen zu müssen. Darum erhöhe ich seit einigen Jahren die Löhne proaktiv und vermeide so Unzufriedenheit und Lohnverhandlungen. Dieser Automatismus galt bisher für Fachkräfte. Bei ungelernten Kräften war die Qualifikation und die Einsatzbereitschaft für die Höhe des Stundenlohns verantwortlich. Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel einige Aushilfen in der Vergangenheit schon 12€/h oder mehr verdient haben, einige jedoch noch nicht. Das Problem mit der Mindestlohnerhöhung ist, dass nun auch wenig qualifizierte Berufseinsteigende bedingungslos einen höheren Lohn bekommen.

Es zu benennen ist politisch nicht korrekt, dennoch gehört es zur Wirklichkeit, dass es einen hohen Anteil an ungelernten und gering qualifizierten Berufseinsteigern gibt. Das offizielle Wording lautet: multiple Vermittlungshemmnisse. Damit sind teilweise gravierende soziale und methodische, aber auch sprachliche Defizite gemeint. Diese Gruppe wächst und findet aufgrund des demographischen Faktors immer häufiger in unsere Branche, was die Effizienz der Betriebe sehr belastet. Man kann mit einem rückständigen Schulsystem, den Nebenwirkungen digitaler Medien, einer unklugen Migrationspolitik oder mit nachlassenden Familiensystemen hadern. Es bleibt Tatsache, dass wir lernen müssen, uns dieser Wirklichkeit zu stellen. Insbesondere, da es diese Gruppe ist, die am stärksten durch die Erhöhung des Mindestlohnes profitiert. Und das scheint die wahre Herausforderung zu sein. Es geht darum, die Effizienz und Tragkraft des Unternehmens zu halten und dabei fehlende Kompetenzen abzufedern, was eigentlich Aufgabe der Gesellschaft gewesen wäre.

Dabei gibt es noch weitere Krisengebiete für uns. Angesichts der komplexen Ausgangslage unserer Branche, wie Coronaschulden, verändertem Konsumverhalten, explodierender Preise und dem Fachkräftemangel braucht es eine Idee, wie wir mit dieser Situation umgehen wollen. Nur die Preise zu erhöhen und auf Verständnis zu hoffen, macht diese unseren Gästen noch lange nicht schmackhaft. Und nur die Löhne zu erhöhen, schafft noch lange keine Freude an unserer Branche. Deshalb sollte diese Idee über materielle Aspekte hinausgehen. Wir sollten uns entwickeln, einer Vision folgen und uns dabei für die Erwartungen junger Menschen öffnen.

Laut Polaritätsgesetz ist nichts ohne sein Gegen teil wahr: Junge Menschen kommen auch mit großartigen Werten und Wünschen daher: Mitbestimmung, Sinn, Sicherheit, Wertschätzung, Freude, Weiterentwicklung, Zusammengehörigkeit, Lebensqualität… Und sie haben kein stumpfes Leistungs- und Ergebnisdenken mehr. Die Zukunft gehört den erlebnisorientierten Zielen. Diese Werte zeichnen einen emotionalen Handlungsrahmen, der zu unserer Branche passt und eine Riesenchance ist, uns auch gegenüber immer noch besser bezahlenden Berufen zu positionieren.

Darum haben wir uns der Weiterentwicklung verschrieben. Im Kern versuchen wir, allen Mitarbeitenden; vom Auszubildenden bis zum Unternehmer; fehlende Kompetenzen modern und erlebbar zu vermitteln und diese Energie gleich noch für einen großartigen Teamspirit einzusetzen. Das kostet unglaublich viel Zeit, Geld und Energie, was angesichts der Gesamtlage alles irgendwo Mangelware ist. Wir halten an diesem Kurs trotzdem unbeirrt und mit Begeisterung fest, weil wir schon längst erfahren haben, dass er funktioniert. Unsere jungen Menschen gehen diesen Weg mit leuchtenden Augen mit, da wir unseren Blickwinkel, unsere Ansätze und unsere Umsetzung verändert haben. Es sind wunderbare Menschen, die eben wie jede Generation anders ist und mit neuen Aufgaben um die Ecke kommt. Einem Teil dieser Aufgaben steht die Arbeitswelt noch hilflos gegenüber, weshalb ich mir mehr differenziertes Bewusstsein bei deren Bewältigung wünschen würde.

Unsere Branche muss sich für den Wandel bereit machen. Politik, Verbände und Gewerkschaften sollten dabei mehr unterstützen.

Euer Alexander


6. September 2021 | Folge 31

Kulturwandel

Wenn ich vom Kulturwandel spreche, gucken mich andere Unternehmer an als sei ich ein Hippie!

„Die sollen erstmal lernen, was Arbeit bedeutet" und „Lehrjahre sind nun mal keine Herrenjahre". Die Jugend von heute kannst Du doch in der Pfeife rauchen! Wir können keine höheren Löhne bezahlen, die sind ja gar nicht leistungsbereit! Die wollen nur feiern!“ sind Aussagen von den Unternehmern, Hoteldirektoren und Führungskräften, die gleichzeitig beklagen, dass sie keine Auszubildenden und Mitarbeiter finden.

Wenn ich dann erzähle, dass der Kulturwandel auch bedeutet, unsere Betriebe ein stückweit zu demokratisieren, um so Mitarbeiter mehr mitzunehmen, für Sinn zu sorgen, da die Generation Y (Why?) gerne versteht, warum sie was tut und Ziele erlebnis- und nicht ergebnisorientiert zu definieren, weil es auch um die Qualität der Arbeitszeit und die Freude am Tun geht, dann gucken mich diese Kollegen an, als hätte ich sie nicht alle.

Ja, es gibt auch viele Defizite und Schwierigkeiten mit Berufseinsteigern, wenn man an Vorbildung, Sprache und gängige Schlüsselkompetenzen denkt. Genauso sind die wenigsten Führungskräfte tatsächlich qualifiziert, um als Führungskraft zu funktionieren. Diese Situationen müssen wir lernen, zu beherrschen.

Ich freue mich darum besonders darauf, dass wir am 14. September 2021 anlässlich unserer Kick-off Veranstaltung des 2. Projektjahres unseres innovativen und ESF-geförderten Ausbildungsprojekts „I LOVE GASTRO“ mit Auszubildenden und Führungskräften anderer gastgewerblichen Betriebe sowie unserer wunderbaren Luchs Akademie ein positives Beispiel in der BBS Bad Harzburg starten können. Gegenseitige Erwartungen angleichen, fehlende Kompetenzen auf beiden Seiten vermitteln und mit einer positiven Arbeitskultur Ausbildungsabbrüche verhindern, um so dem Fachkräftemangel nachhaltig zu begegnen, ist das Ziel.

Damit legen wir die Basis, dass jeder teilnehmende Betrieb aus der Abwärtsspirale von fehlenden Arbeitskräften und nachlassenden Betriebsergebnissen ausbrechen und sich für eine prächtige Zukunft mit einem großartigen Team im stark touristisch nachgefragten Harz positionieren könnte. Wir machen es vor und beweisen täglich, dass dieser Weg möglich ist.

Euer Alexander


11. August 2021 | Folge 30

„Die Jugend von heute!“

... ist der verzweifelte Hilferuf untergehender Betriebe, denen der Perspektivwechsel nicht gelungen ist. Die Jugend verändert sich und fordert einen Kulturwandel.

Der Kulturwandel wird zunächst dadurch verursacht, dass junge Menschen andere Werte haben, als wir etwas Älteren es noch in die Wiege gelegt bekommen haben. Weniger leistungs- als mehr werteorientiert. Weniger am Erfolg als mehr am Erlebnis interessiert. Das Kredo: „Leiste was, schaffe was, dann bist Du was!“ und die Mercedes E-Klasse als Zenit eines Statusdenkens ist überholt. Stattdessen wird die Sinnfrage gestellt, auf Lebensqualität und einen wertschätzenden Umgang geachtet.

Zeitgleich sorgt der demografische Wandel dafür, dass wir mittlerweile einen zunehmenden Arbeitnehmermarkt bekommen, was bedeutet, dass sich Arbeitnehmer aussuchen können, wo sie arbeiten oder ihre Ausbildung beginnen möchten. Dieser Faktor wird sich in Zukunft noch wesentlich verstärken.

Junge Menschen kommunizieren in den digitalen Medien miteinander und beschaffen sich auch dort Informationen. Dieser Aspekt ist den meisten Unternehmen nicht bewusst und wird dementsprechend dramatisch unterschätzt. In der Folge verbreiten sich die Missetaten immer noch ausbeutender Betriebe um ein Vielfaches mehr, als man naiverweise denken mag. Das Gegenteil sollte aber der Fall sein. Wir Betriebe müssen um die Gunst der Berufseinsteiger aktiv werben und uns als attraktive Ausbildungsbetriebe und Arbeitgeber positionieren. Aber Vorsicht! Wer nur schöne Zeilen auf seine Internetseite schreibt und diese im Betrieb nicht wirklich umsetzt, fliegt schnell auf. Die digitalen Medien sind da sehr transparent. Employer Branding oder eine Kampagne zur Markenidentifikation für Mitarbeiter kann nur machen, wer auch tatsächlich eine Identität besitzt. Wir Unternehmer müssen uns wandeln, unsere Unternehmen ernsthaft sozialer, nachhaltiger und verantwortungsbewusster entwickeln und unsere Mitarbeiter in unseren Fokus stellen.

Es liegt auf der Hand, dass wenn wir die Wertevorstellungen der nachkommenden Generationen nicht verstehen und darauf nicht eingehen, werden wir keine Mitarbeiter mehr bekommen.

Deren Wertevorstellungen passen allerdings sehr gut zu unserer Branche, in der es von jeher darum geht, positive Erlebnisse zu gestalten, so von unseren Dienstleitungen zu überzeugen und Erwartungen über zu erfüllen. Wir Unternehmer sollten verstehen, dass es viel besser gelingt, unsere Gäste zu begeistern, wenn unsere Mitarbeiter gerne bei uns arbeiten, wir in sie investieren, sie weiterentwickeln und sie so in die Lage versetzen, positive Emotionen authentisch transportieren zu können. Nur begeisterte Gäste sind bereit, mehr Umsatz zu machen, aus welchem dann auch höhere Löhne abzuleiten sind.

Es könnte alles ineinandergreifen, wenn wir denn wollten: Wertschätzung, Weiterentwicklung und faire Honorierung sind darum sich gegenseitig befruchtende Grundpfeiler unserer positiven Arbeitskultur „I LOVE GASTRO“ geworden. Ich wünsche all meinen Kollegen einen erfolgreichen Kulturwandel.

Euer Alexander


30. Juli 2021 | Folge 29

Liebe Kollegen, „Ja, aber...“ ist der Schlachtruf der Verlierer!

Seit dem kurzen TV-Beitrag über unseren Weg aus dem Fachkräftemangel, wundere ich mich ein wenig über das Feedback aus der Branche. „Ja, Wertschätzung sei nett, aber es müssten auch höhere Löhne gezahlt werden.“ Das ist richtig und gar kein Wiederspruch, im Gegenteil. Darum konzentrieren wir uns auf Wertschätzung, Weiterentwicklung UND faire Honorierung. Der Schlüssel liegt dabei in der Weiterentwicklung, durch die es uns gelingt, mehr Umsatz zu erzielen und so auch höhere Löhne bezahlen zu können.

Es ist eine Spirale, die sich aufwärts dreht: Wir stellen das Gasterlebnis in den Mittelpunkt unseres Denkens. Wenn wir mit Emotion, Qualität und Kompetenz die Erwartungen unserer Gäste übererfüllen, generieren wir in der Regel mehr Umsatz, da die Bereitschaft des Gastes steigt, mehr Geld für eine positiv emotional geladene Leistung zu bezahlen. Wir sollten* unserer Preise schmackhaft machen!

Mitarbeiter müssen allerdings in die Lage versetzt werden, dieses Gasterlebnis authentisch und gerne zu transportieren. Dafür bedarf es einer aktiven Gestaltung des Kulturwandels im Unternehmen. Dies ist unser Einstieg in eine positive Arbeitskultur „I LOVE GASTRO“ mittels der wir über unseren Fokus der Weiterentwicklung unsere gegenseitigen Erwartungen abgleichen, Kompetenzen erweitern, an unserer Einstellung arbeiten, Freude am Tun vermitteln und Vertrauen schaffen. Im Ergebnis bedeutet das, dass kompetente Mitarbeiter mindestens gerne zur Arbeit kommen und im besten Fall eine hohe Identifikation und ein starker Team Spirit entsteht. Leadership im Wandel bedeutet in dem Kontext, dass unsere Führungskräfte sich selbst führen können, Methodenkompetenz und ein klares Rollenverständnis besitzen.

Unser erster Schritt war die wirtschaftlich herausfordernde Entscheidung, höhere Löhne anzubieten und gleichzeitig eine Kampagne für Markenidentifikation für Mitarbeiter zu starten, damit dieser finanzielle Mehraufwand dynamisch genutzt werden kann. Aber Vorsicht, Markenidentifikation kann nur ausspielen, wer auch eine Identität besitzt. Diese Basis der Unternehmensentwicklung haben wir in Workshops gemeinsam mit dem Team erarbeitet.

Mittlerweile haben wir eine Frage verstanden, die den Kulturwandel in der Arbeitswelt am treffendsten beschreibt: „Was kann das Unternehmen eigentlich für die Mitarbeiter tun?“ Dies ist viel smarter, als die Mitarbeiter mangels Masse auszulutschen und immer nur zu wiederholen, dass man keine höheren Löhne bezahlen könne, weil der Mitbewerber billiger unterwegs sei.

Liebe Kollegen, denkt neu, hört auf zu jammern und steigt in den Kulturwandel ein! Ja, es kostet zunächst Energie und Geld, wie jede andere Investition auch. Ich kann Euch allerdings auch versprechen, dass diese Entwicklung nicht nur den Fachkräftemangel eingrenzt und die Ertragskraft des Unternehmens steigert, sondern auch angesichts der hohen Sinnhaftigkeit erfüllt und allen Beteiligten eine Unmenge Freude bereitet.

Für unser personalintensives People Business ist dieser Wandel die größte Herausforderung, die ich jedoch absolut positiv gestimmt als Riesenchance empfehlen möchte.

Euer Alexander


22. Juni 2021 | Folge 28

Wie positive Führungskultur gelingt.

Unter unseren rund 90 Mitarbeitern gibt es viele verschiedene Vertragsverhältnisse, wie Auszubildende, Aushilfen, Werksstudenten, duale Studenten, Teilzeitkräfte und Vollzeitkräfte. Unsere Mitarbeiter verteilen sich dabei auf bis zu 20 verschiedene Nationalitäten, völlig unterschiedlicher Bildungsniveaus und Lebenserfahrungen. Dieser bunt gemischte Haufen wird durch die extrem flache Hierarchie eines kleinen Büros, dreier Betriebsleiter, eines Küchendirektors und durch mich in Schach gehalten. Genau diese Struktur ist es, die den unbestechlichen Charme unseres wunderbaren Teams ausmacht.

Veränderte Lebenswirklichkeiten, unterschiedliche Bewusstseinsebenen und private Belastungen der Mitarbeiter lassen manchmal nur wenig Platz für den formvollendeten gastronomischen Feinschliff. Trotzdem müssen wir im Sinne unseres Geschäftsmodells qualitativ passende Erlebnisse für unsere Gäste kreieren, um nach Kassensturz Löhne, Waren, Mieten und ein paar andere Kleinigkeiten bezahlen zu können. Wie gelingt es nun, Begeisterung für die Tätigkeit neben fachlichen Skills in die Köpfe und Herzen unserer Mitarbeiter zu transportieren ohne dabei in langweilige Schulungen abzurutschen und die Mitarbeiter in eine passiv-defensive Geisteshaltung zu treiben?

Der wichtigste Meilenstein war, dass es gelungen ist, aus meinen Betriebsleitern Tina, Marco, Sascha, Küchendirektor Kevin und meiner Assistentin und Hotelmeisterin Mignon echte Führungskräfte zu entwickeln. Gemeinsame Weiterentwicklung in Selbstführungskompetenz, Rollenverständnis, Methodenkompetenz und Klarheit der Strategie haben dafür gesorgt, dass ich mit diesem Team meine Gedanken offen teilen und die Umsetzung auf Augenhöhe besprechen kann. Mein Vertrauen in eine homogene, verständnisvolle und serviceorientierte Führungskultur, die denen zu Gute kommt, die aktiv am Gast, an der Theke, am Herd und in der Reinigung arbeiten, ist das Ergebnis.

Tägliche Meetings, die Themen des Tages, die Ladenbegleiter-Definition unserer Betriebsleiter, Briefings zu Schichtbeginn und Wechsel, wöchentliche Workshops, wertschätzender Umgang, fachliche und persönliche Weiterentwicklung, faire Honorierung, immer neue Boni, eine transparente Identität und unsere klaren Regeln mit einer gelebten Philosophie sind die Instrumente der Umsetzung. Eine ordentliche Prise Humor sorgt dafür, dass immer häufiger zwischen Reiz und Reaktion auch ein kluger Gedanke passt.

Mir ist es wichtig, jedem Mitarbeiter täglich und persönlich das Gefühl zu geben, dass ich ihn wahrgenommen habe und es gut finde, dass er da ist. Als Kopf des Fisches startet unsere positive Arbeitskultur bei mir. Dafür musste ich in den vergangenen Jahren eine Menge lernen und an mir verändern. Im Ergebnis haben wir den Fachkräftemangel hinter uns gelassen, die Geschäfte funktionieren wesentlich besser und ich selbst bin mehr bei mir, viel glücklicher und gelassener geworden. So fühlt sich der Strukturwandel auf allen Ebenen gut an und lässt mich optimistisch in die Zukunft blicken.

Euer Alexander


25. Mai 2021 | Folge 27

Müssen wir unsere Preise erhöhen?

Es steht jetzt der 2. Restart vor der Tür. Bevor wir jedoch die Türen öffnen, gibt es einiges zu bedenken. Wir haben im Laufe der letzten 15 Monate Verluste angehäuft, die in der Zukunft kompensiert werden wollen. Die (noch) befristete, reduzierte MwSt. hilft uns, schneller wieder in die Gewinnzone zu gelangen. Aber die Beurteilung der Frage um Preiserhöhungen ist komplexer und das, was uns die Pandemie an Hausaufgaben aufgegeben hat, ist umfangreicher, als nur ihre direkten wirtschaftlichen Folgen zu kompensieren.

In der Zukunft werden wir unsere Mitarbeiter besser bezahlen müssen, um uns auch nur ansatzweise gegen den Fachkräftemangel stemmen zu können. Um einen attraktiven Arbeitsplatz anzubieten, braucht es aber mehr als nur passable Löhne. Wir müssen auch in unsere Sozialkompetenz und in unsere Führungskultur investieren.

Solange das Corona-Virus unsere Nachrichten beherrscht, werden wir mit reduzierten Sitzplätzen leben müssen. So müssen unsere Betriebe möglichweise längerfristig eine ungünstige Personalbereichsverteilung und damit höhere Personalkosten bei geringeren Umsätze hinnehmen, was schon für sich genommen wirtschaftlich schwer zu verkraften ist.

Die Aufwand der Hygienekonzepte, welcher im Tagesgeschäft entsteht, ist nicht zu unterschätzen. Das Desinfizieren, das Überprüfen von Testdaten und Check-ins, das Nachtragen von handschriftlichen Meldezetteln kostet viel Zeit. Da wo das Personal eh schon fehlt und die wirtschaftlichen Strukturen schwächeln, ist das eine echte Herausforderung.

Unsere Betriebe müssen krisenfester und wirtschaftlich gesünder werden. Hierfür sollten Konzepte hinterfragt und höhere Erträge erwirtschaftet werden. Etwas Kapital für schwere Zeiten anzusammeln würde auch der Hausbank im Sinne einer soliden Eigenkapitalquote gut gefallen. Das Schnitzel für 6,90€ muss der Vergangenheit angehören und zukünftig die Handarbeit und das Erlebnis Gastronomie mehr Wertschätzung durch eine selbstbewusste Kalkulation erfahren.

Die Betriebe sollten in nachhaltige Prozesse investieren und sich den Themen der Zukunft stellen. Wir können auf Dauer unsere Rolle für die Gesellschaft als die Orte der Zusammenkunft und des Genusses nur behalten, wenn wir parallel auch unseren ökologischen Beitrag zur Gesellschaft leisten und im besten Fall sogar eine Vorbildfunktion übernehmen. Aus Sicht unserer Mitarbeiter ist ein verantwortungsvoller Betrieb als Arbeitgeber übrigens attraktiver, als einer der keine Verantwortung für sein Handeln übernimmt.

In Summe werden wir nicht um steigende Preise kommen können, wenn wir uns den Herausforderungen des durch Corona beschleunigten Strukturwandels stellen wollen. Wir haben uns dafür entschieden, unsere Gäste dabei aktiv mitzunehmen. Für die Zukunft wird uns unsere Michaela im Social-Media täglich begleiten und durch spannendes Storytelling nicht nur Reichweite sondern auch Hintergründe dazu liefern, wie wir unseren Gästen höhere Preise schmackhaft machen. Wir sind von unserem Weg überzeugt und investieren darum kräftig in unsere Mission Zukunft. Stärkt uns den Rücken und begleitet uns durch diese spannende Zeit als Gast oder Mitarbeiter.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Euer Alexander


10. Mai 2021 | Folge 26

David gegen Goliath - soll ich allein klagen?

Wir werden irgendwann auch die Innenräume öffnen, das ist klar. Aber werden wir auch die vollen Sitzplatzkapazitäten zurückbekommen? Man muss wissen, dass die Reduzierung der Sitzplätze dazu dient, die Menge an Ausatemluft und damit von potenziell ansteckenden Aerosolen im Gastraum zu minimieren. Ist es daher sinnvoll, in sichere Teams und sichere Raumluft zu investieren?

Naiverweise könnten wir annehmen, dass im Herbst alle Menschen geimpft sein werden, wir die paar noch nicht geimpften Bürger testen könnten und damit alles wieder wie früher wäre. Alle geschlossenen Betriebe sind geöffnet und alle Abstandsregeln nicht mehr existent und damit alle Tische besetzt. Im Winter hätte die Pandemie ausgedient und wir würden auf den Tanzflächen der Clubs ausgelassene Partys feiern. Was für eine schöne Vorstellung!

Warum gelingt es mir nur nicht, dieser Vorstellung zu folgen? Wo ist mein unerschütterlicher Optimismus hin? Angesichts der Mutationsfähigkeit des aktuellen Virus, der zahlreichen Virus-Varianten und der zweifelnden Prognosen vieler Wissenschaftler gehe ich davon aus, dass uns die Abstands- und Hygieneregeln noch eine lange Zeit begleiten werden. An einen weiteren Lockdown im Winter mag ich gar nicht denken.

Darum investiere ich aus Überzeugung in sichere Teams und in sichere Raumluft, um der Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass Naivität weiterhin mit Kapazitätseinschränkungen belegt wird. Aber bringen mir diese Investitionen meine vollen Sitzplätze zurück? OK, ich kann im Haus die Kontakte meiner wundervollen Mitarbeiter untereinander zurückverfolgen und so pauschale Quarantäneanordnungen für mein Team verhindern und meine Mitarbeiter sogar präventiv warnen, sollte jemand unbedacht die Abstandsnotwendigkeit vergessen haben. Ich erlange einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber den Betrieben, die ihre Raumluft nicht im Griff haben. Sensortechnik macht dies äußerst smart und gar nicht teuer möglich. Man sollte dabei auch bedenken, dass bei hoher Luftqualität ebenfalls die Ansteckungsgefahr mit z.B. der normalen Grippe reduziert wird. Aber juristisch werden wir trotzdem mit Gastronomien ohne sichere Raumluft in einen Topf geworfen.

Es ist nicht in Ordnung, dass Gastronomien mit moderner Lüftungstechnik genauso behandelt werden, wie die Gastronomien, die keine Lüftungsanlagen haben. Es ist unfair, dass ich bei jeder Belegung sichere Raumluft nachweisen kann, aber trotzdem wie ein Gastronom auf Sitzplätze verzichten muss, der dieses nicht kann.

Komischerweise ist der Dehoga an der Feststellung dieser Ungleichbehandlung nicht interessiert. Ich vermute, weil es bekannt ist, dass die meisten Mitgliedsbetriebe keine Lüftungsanlage besitzen. Auf der Internetseite des Dehoga Niedersachsen erscheint der nützliche Hinweis auf eine CO²-Ampel unter ferner liefen, obwohl dies ein wichtiger Baustein sein könnte, um wieder normal arbeiten und unseren Gästen sichere Räume anbieten zu können.

Eine gemeinsame Klage hat der Dehoga abgelehnt. Der Verband schont wieder die Schwachen, anstatt voranzugehen und vorbildhafte Lösungen zu erstreiten, wie es gehen könnte. Das soll mich aber nicht davon abbringen, mich für die Anerkennung von Maßnahmen für sichere Raumluft und sichere Teams einzusetzen. Dies stellvertretend für die Betriebe, denen die Gesundheit ihrer Gäste, ihrer Mitarbeiter und damit letztendlich auch ihre Wirtschaftlichkeit am Herzen liegt. Ich freue mich auf kompetentes Feedback.

Keep on Fighting, Ihr Lieben!

Euer Alexander


12. April 2021 | Folge 25

Hygienekonzept 2.0

Zwei Fragen beschäftigen mich in dieser Pandemie besonders: Wie können wir das potenzielle Ansteckungsrisiko durch Aerosole beherrschen, welchem unsere Gäste, ohne Mund-Nase-Schutz am Tisch sitzend, schutzlos ausgesetzt sind? Und wie kann der Infektionsweg im Betrieb verlässlich nachvollzogen werden, wenn ein Mitarbeiter unbedacht das Virus in unser Team einschleppt?

Den Ansatz, Sensortechnik als Antwort auf meine Fragen zu nutzen, habe ich im Februar 2021 von Frau Professor Dr. Woopen in einer Sendung mit Markus Lanz aufgenommen. Das war der Start, diese smarte Technologie sowohl im Kontakt-Tracing inhouse als auch in der Raumluftüberwachung in unser Hygienekonzept zu implementieren. Als Gastronom mit mehreren Standorten habe ich hierzu den befreundeten Unternehmer Lars Bornemann angefragt, der weltweit in der Sensor- und Ortungstechnik unterwegs ist.

Einer der Gründe, weshalb das Gastgewerbe die Innenräume nicht öffnen darf und aktuell nur von der Öffnung der Außenflächen geredet wird, ist die lange Aufenthaltsdauer unserer Gäste (länger als 30 Minuten) in den Gasträumen und die damit verbundene deutlich höhere Ansteckungsgefahr über potenzielle Aerosole. Dies bekommen wir nun mit Ampelsystemen gelöst, welche mit Luftsensoren gekoppelt sind, die unter anderem Schadstoffe und den CO2 Gehalt in der Raumluft messen. Springt die Ampel von Grün (bis 800ppm) auf Orange (bis 1500ppm) oder Rot (über 1500ppm) ist man angehalten, für einen Luftaustausch zu sorgen, bis die Werte wieder auf Frischluftniveau eingependelt sind. Die Daten der Sensoren werden alle fünf Minuten gespeichert und dokumentenecht an eine Cloud übermittelt, so dass im Falle eines anwesenden Quellfalles die Luftqualität zum Zeitpunkt dessen Anwesenheit nachgewiesen und eine pauschale Quarantäne-Anordnung ggf. vermieden werden kann. Eine solche Lösung ist besonders für Gasträume ohne Lüftungsanlage empfehlenswert.

Mit Beantwortung der zweiten Frage haben wir uns dem Risikobereich „Arbeitsstätte“ als einem bislang unkontrollierbaren Treiber der Pandemie angenommen. Im Falle einer in das Team eingeschleppten Infektion ein Gedächtnisprotokoll zu erstellen und Mitarbeiter in Kontaktkategorien einteilen zu müssen, kann nur dazu führen, dass sich im Zweifelsfall mehr Mitarbeiter als eigentlich nötig in eine vorsorgliche Quarantäne begeben müssten, bis alle wieder freigetestet wurden. Darum haben wir alle Mitarbeiter mit Sensoren ausgestattet, welche präventiv vor unbedachter Annäherung (unter 150cm) warnen und diese relevanten Kontakte aufzeichnen, so dass wir im Ergebnis auch die kumulierte Kontaktdauer zu einem als infiziert erkannten Mitarbeiter nachweisen können. Ebenfalls haben wir unsere Tische mit Sensoren ausgestattet, um auch unsere Gäste verantwortungsvoll informieren zu können, falls es zu einer relevanten Kontaktdauer (länger als 15 Minuten) mit einem infizierten Mitarbeiter gekommen sein sollte.

Beide Systeme haben wir mit unserem Landrat Thomas Brych und dem Leiter des Gesundheitsamtes Dr. Martin Hepp abgestimmt und in meinem Restaurant Schiefer installiert.

Unsere Hoffnung ist, mit dieser Technologie unser Hygienekonzept 2.0 auf die Anforderungen des RKI zum Kontaktfallmanagement abgestimmt zu haben. Wir teilen die Einschätzung, dass es uns auch auf Dauer nur gelingt, möglichst viel „Normal“ zurückzuerobern, wenn viele technische Lösungen zusätzlich zum Impfen und zum Testen eingesetzt werden können.

Euer Alexander

Quellen


29. März 2021 | Folge 24

Wie fegen wir die Scherben wieder auf?

Nun ist ein Jahr vergangen und der Verlauf der Pandemie war für das Gastgewerbe weit heftiger, als zu Beginn befürchtet. Wir stehen vor dem 8. Monat, in dem unsere Betriebe stillgelegt worden sind, was natürlich gewaltige wirtschaftliche Konsequenzen nach sich zieht. Bei allem Chaos, welches augenscheinlich in Berlin rund um Masken, Impfungen, Testungen und die Organisation der Hilfen herrscht, muss man auch sagen, dass viele Hilfszahlungen eingetroffen sind und so das Schlimmste verhindert wurde. Neben der Ohnmacht herrscht bei mir auch Dankbarkeit und Demut anderen gegenüber, die diese Hilfen nicht erhalten haben.

Obwohl wir als Branche ein Sonderopfer für die Allgemeinheit bringen, bleiben trotz aller Hilfen ein Haufen Schulden bei uns hängen. Wie gehen wir damit um? Die Reduzierung der MwSt. auf Speisen hilft sehr, besonders wenn man aufgrund einer touristischen Destination mehr Umsatz machen kann. In unserem Fall würde es nur mit diesem Hebel trotzdem mehrere Jahre dauern, bis die aufgehäuften Schulden wieder abgebaut werden könnten, so dass wir hoffen, dass die Befristung der Reduzierung aufgehoben werden wird.

Sicherlich werden auch die Preise steigen müssen. Dieses ist notwendig, um neben dem Schuldenabbau mehr Substanz für weitere Krisen im Unternehmen aufbauen zu können. Noch wichtiger ist es allerdings, um mit besseren Löhnen dem Fachkräftemangel und der Abwanderung begegnen zu können. Seien wir ehrlich: Unsere Mitarbeiter haben bessere Löhne für Ihre Leistung im Betrieb als auch für die wirtschaftlichen Einbußen während der Kurzarbeit verdient. Es ist allerdings brandgefährlich, einfach nur die Preise zu erhöhen. Wir müssen unseren Gästen die höheren Preise schmackhaft machen. Aus diesem Grund schärfen wir die Konzepte unserer Betriebe, optimieren die Rezepturen und versuchen z. B. über neues Geschirr uns um unsere Gäste zu bemühen.

Mit unseren Mitarbeitern haben wir eine sympathische Vereinbarung getroffen. Während die Betriebe geschlossen sind und wir in der Kurzarbeit stecken, stocken wir diese auf. Das kostet uns viel Geld und vergrößert unseren Schuldsaldo zusätzlich. Sobald wir jedoch wieder öffnen dürfen, helfen alle Mitarbeiter dabei, die Umsätze einzufahren und so die Schulden wieder abzubauen. Jeder Mitarbeiter hat dafür drei Joker zugesagt, die wir einfordern können, wenn Not am Mann ist.

Am Ende wird es noch weitere Hebel geben. Zum Beispiel Sonderabschreibungen, mit denen Verluste schneller ausgebucht werden können, Vergleiche mit Vermietern, die sich bei uns ebenfalls positiv abzeichnen oder auch Förderprogramme, die den Restart und die Wettbewerbssituation erleichtern. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich mit der Bewältigung der Pandemie auch vieles fügen wird. Darum lasst uns optimistisch Pläne für die Zukunft schmieden, den Strukturwandel im Gastgewerbe aktiv mitgestalten und positiv an diese besseren Zeiten denken.

Bleibt gesund, zuversichtlich und nutzt die Zeit!

Euer Alexander


22. März 2021 | Folge 23

Mehr Erfolg trotz Corona

Wer dem Geld hinterher läuft, dem rennt es davon. Diese These hat einen wahren Kern. Darum habe ich auch im Corona Jahr den Fokus nicht auf den monetären (Miss)Erfolg oder die manchmal angespannte Liquidität gelegt. Der kreative Erschaffungsprozess und die Freude am Tun sind seit einiger Zeit in den Mittelpunkt meines unternehmerischen Denkens und Handelns gerückt. Seitdem ich so in meiner Arbeit aufgehe, offene Ziele mit dem Anspruch auf Sinnhaftigkeit definiere und mein Team auf großartige Missionen mitnehme, stellt sich die wirtschaftliche Tragkraft fast von allein ein. So konnte ich die Angststarre vermeiden, die leider viele Unternehmer aktuell ergriffen hat. Die wichtigste Mission ist die der positiven Arbeitskultur als ein fundamentaler Bestandteil von Nachhaltigkeit. Faire Honorierung, Wertschätzung und Weiterentwicklung sind die Bausteine, auf die bei uns alles einzahlt und an denen sich alles messen lassen muss. Darum ist dies auch der Kern unseres Ausbildungsprojekts und Nordsterns „I LOVE GASTRO“ geworden.

Der Aspekt der Weiterentwicklung gilt auch für mich. Der Mechanismus, mein Ego zu erkennen, um damit meine Getriebenheit, meine Unsicherheit und mein Geltungsbedürfnis zurücktreten zu lassen und mich mit gesundem Vertrauen meinem Geschäft hinzugeben, hat auch im Privaten für positive Effekte gesorgt. Ich bin gesund wie nie und mit meinem Lenchen schon lange glücklich. Meine Selbstständigkeit erlaubt mir den Weg des inneren Wachstums in einem parallelen Handlungsstrang zur Unternehmensentwicklung.

Unser Nordstern „I LOVE GASTRO“ legt einen entscheidenden Fokus auf nachhaltige Führungskompetenz, welche immer bei der Selbstführung beginnt. Ich freue mich darüber, dass meine langjährigen Führungskräfte parallel mitwachsen und einen erfüllenden Sinn in ihrer Tätigkeit finden. Mittlerweile sorgen wir gemeinsam für positive Rahmenbedingungen in unseren Betrieben, weil wir von unserem Weg überzeugt sind. Die Tatsache, dass wir langatmige Personalversammlungen gestrichen und durch interaktive Workshops ersetzt haben, ist ein Zeichen dieser Entwicklung. Akzeptanz, Gelassenheit, Perspektivwechsel, Humor, Rollenverständnis, Selbstwirksamkeit, Methodik, Empathie und Dankbarkeit erobern unseren gastronomischen Alltag immer mehr. Echt Krass.

So ausgestaltet sind wir dabei, den durch Corona beschleunigten Strukturwandel unserer Branche bei uns im Team bewusst zu gestalten. Im Gastgewerbe entsteht die Freude am Tun durch das Glücksmomentum, anderen Menschen etwas Gutes zu tun und dabei andauernd positive Energie mit Gästen und dem Team zu teilen. Die Zusammengehörigkeit und die gemeinsamen Erlebnisse, die wir miteinander teilen, machen diesen Teamspirit aus, von dem unsere Gäste magisch angezogen werden. Die Weichen für diesen Effekt müssen zuerst im Betrieb und der Betriebsführung gestellt werden, damit das Team in die Lage versetzt werden kann, authentisch positive Energien zu teilen.

Mit dieser Einstellung trete ich heute den Weg zum Seminar „TETA III“ mit Dieter Lange an und freue mich auf ereignisreiche Tage in Hamburg. Wenn nicht jetzt im Lockdown, wann werden wir wieder so viel Zeit zur Weiterentwicklung und Gestaltung haben?

Bleibt gesund, zuversichtlich und nutzt die Zeit!

Euer Alexander


15. März 2021 | Folge 22

Ist unsere Strategie wirklich klug?

Das Gastgewerbe fordert eine Öffnungsperspektive und möchte diese notfalls auch einklagen. Ist es aber klug, etwas zu fordern, was es aktuell nur schwer vorstellbar geben kann? Angesichts der fehlenden Impf- und Teststrategie, der fehlenden digitalen Lösungen und der Ungewissheit zur dritten Welle bin ich mindestens irritiert, wo hinein wir gerade öffnen wollen. Es klingt fast, wie ein trotziges „Ich will aber!“. Auch wenn ich mir das persönlich sehr hart wünsche, so ist es doch kaum greifbar.

Durch die Schließung des Gastgewerbes wird ein Großteil an Mobilität bei relativ geringem volkswirtschaftlichen Schaden unterbunden, damit z. B. der ÖPNV oder die Schulen weiter machen können. Dadurch wird klar, dass wir ein strategisches Opfer zum Wohl der Allgemeinheit bringen. Darum sollte man nicht von Hilfen, sondern lieber von Entschädigung sprechen. Das Beispiel der November- und Dezemberhilfen könnte hier ggf. weitergeführt und in der Namensgebung optimiert werden. Besonders, wenn durch die vermeintliche Inkompetenz der politischen Akteure der Lockdown künstlich auf unserem Rücken in die Länge gezogen wird. Dabei werden wir nicht müde, mehr Entschlossenheit, Pragmatismus, Mut und Kreativität zu fordern. Aber sollten wir nicht schauen, ob wir diesen Ansprüchen selbst gerecht werden?

Das Projekt TOP-Ausbildungsbetrieb ist mit Beginn der Pandemie eingeschlafen. Wir waren einer der ersten auditierten Betriebe. Diese Entwicklung stimmt mich nachdenklich, da dieses zukunftsgewandte Projekt gerade jetzt in der Pandemie ein mutiges und vorausschauendes Zeichen für unsere Branche und die duale Ausbildung hätte sein können. Durch diese fahrlässige Unterlassung wird der Fachkräftemangel und die Abwanderung weiter befeuert. Wir könnten unsere Mitarbeiter monetär und mental besser unterstützen, oder?

Es ist nicht richtig, dass unsere Hygienekonzepte aus dem letzten Jahr noch ausreichend sind. Der Fokus der Gesundheitsämter liegt auf der Raumluft, der Dauer des Aufenthalts in dieser sowie der kumulierten Kontaktdauer zu einem Quellfall. Hier fehlen digitale und sensorgestützte Lösungen im Restaurant, um präventiv und dokumentierend, ergänzend zur Impf- und Teststrategie, Sicherheit anbieten zu können. Wir könnten unsere Hygienekonzepte an diese Anforderungen anpassen, oder?

Ob eine Klarstellung unseres strategischen Opfers hinsichtlich einer Entschädigungsbegründung in Kombination mit positiven Signalen, uns verantwortungsbewusst auf unsere Mitarbeiter zu fokussieren oder mit technischen Ansätzen mehr zur Lösung der Pandemie beizutragen, eine klügere Strategie sein könnte? Ich bin vorerst sehr dankbar für die Unterstützung und sehr demütig gegenüber vielen anderen. Darum gehen wir gerne diese und viele weitere Themen an und versuchen unsere Gastronomien für den Restart fit zu machen. Wann und wie er auch kommen wird.

Ich wünsche uns allen nur das Beste. Bleibt gesund und zuversichtlich.

Euer Alexander


7. März 2021 | Folge 21

Warum nicht jetzt eine coole Mission?

Dank Corona ist der Wandel des Gastgewerbes beschleunigt worden. Dank Corona haben wir aber auch die Zeit, diesen Wandel positiv mitzugestalten. Wir zeigen hier, wie wir das umsetzen und würden uns über Dialog und Inspiration freuen.

Mission Arbeitskultur. Seit ein paar Jahren engagieren wir uns aktiv für eine positive Arbeitskultur im Gastgewerbe. Aus Sicht eines Mitarbeiters ist es sicherlich schlauer, da zu arbeiten, wo es auch Freude macht zu arbeiten. Darum haben wir Wertschätzung, Weiterentwicklung und eine faire Honorierung in unseren Alltag etabliert. Die Entwicklung unserer Führungskräfte im Rahmen unseres Projekts „I LOVE GASTRO“ hinterlässt positive Spuren. Ich bin megastolz auf meine Leute, darüber dass wir uns mittlerweile so gut um unsere Azubis kümmern und dabei Inhalte methodisch viel smarter transportieren können. Mit weiteren Schritten, wie z. B. der „Team Gastro Urban Member Card“ oder der „Team Gastro Urban Family & Friends Card“ werden wir immer wieder Highlights für unser Team setzen. Corona hat uns nun die Möglichkeit gegeben, nochmal mehr für das Team einzustehen und füreinander da zu sein. Hierdurch hat unser Teamspirit eine neue Qualität bekommen, weshalb wir Corona auch als Chance begreifen.

Mission Zukunft. Corona lässt auch uns, unser Verhalten und unsere Ambitionen hinterfragen. Wir haben als Team Gastro Urban eine Verantwortung und auch eine Vorbildfunktion, was nachhaltiges Verhalten angeht. Wir verkaufen im Jahr etwa 1.000.000 Speisen und Getränke in Goslar. Es hat also einen Hebel, ob wir uns nachhaltig oder wie die Axt im Walde verhalten. Aber was bedeuten Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Regionalität, Karma, Gesundheit und Transparenz für uns und was hat dies mit unserem täglichen Verhalten in unseren Betrieben zu tun? Dieser Frage gehen wir in einem Workshop nach, den wir nun mit 12 Mitarbeitern*innen aus allen Bereichen des Teams beginnen. Es geht darum, anzufangen und diese Mission als Reise zu betrachten, in der wir uns immer weiter entwickeln wollen.

Projekt Food Pick-up Store: Warum nicht mal ein neues Konzept wagen? Gesunde Ernährung, vegetarisch oder auch vegan kann so lecker sein! Und dies kombiniert mit einer zentralen Lage, einer transparenten Frische, einer kreativen Umsetzung, einer hohen Außer-Haus Kompetenz und einem stylischen Ladenbau? Auch hierzu haben wir einen Workshop mit dem Team ins Leben gerufen, daraus Arbeitsgruppen gebildet und befinden uns schon mitten in der Produktentwicklung. Wegen unserer Mission Zukunft arbeiten wir mit REBOWL und können frei von Verpackungsmaterial im Außer-Haus arbeiten. Wegen unserer Mission Arbeitskultur nehmen wir unser Team mit und gestalten das Projekt gemeinsam.

Diese Veränderung hin zu Verantwortung, Werten und positivem Mindset gehen uns allen ans Herz und gibt mir als Gastronom das Gefühl, dass auch viel Gutes mit Corona gekommen ist. Und darum ist der Zeitpunkt für eine coole Mission gerade jetzt perfekt! Wofür nutzt Ihr die Zeit? Es gibt viele Themen.

Euer Alexander


28. Februar 2021 | Folge 20

Es wird zu viel gejammert

Aktuell bin ich mit meiner Branche nicht ganz einverstanden. Es wird zu viel gejammert!

Wir sind die sympathische Branche, in der die Menschen Geselligkeit, Genuss, die Pause vom Alltag und das Sehen und Gesehen werden suchen. Darum sollten wir diese Rolle für die Gesellschaft nicht verspielen. Niemand mag Heulsusen und aus Mitleid macht niemand bei uns Umsatz. Unsere Gäste, die Menschen da draußen, haben alle ihr eigenes Päckchen zu tragen und vielen geht es deutlich schlechter als uns. Alle Betriebe unserer Branche haben aktuell eine massive wirtschaftliche Not. Aber es muss doch differenziert werden. Wir haben meistens kein Einnahme- sondern ein Liquiditätsproblem. Unsere Branche wird von der Regierung außerordentlich gut gestützt. Diese Unterstützung wird nur unglaublich langsam umgesetzt und ist teilweise noch lückenhaft. Aber diese Lücken werden auch geschlossen, wie gerade bei der Erhöhung der Kleinbeihilfen oder der Ausweitung der Dezemberhilfen geschehen.

Zur Überbrückung der Pandemie haben wir einen für meine Verhältnisse unglaublich hohen KfW-Kredit aufgenommen, den wir aktuell bis zum Anschlag ausreizen, um so die schleichenden Hilfszahlungen zu überbrücken. Am Ende müssen uns Hebel an die Hand gegeben werden, um diese Schuldenberge wieder abbauen zu können. Die reduzierte MwSt. auf Speisen oder das angepasste Mietrecht sind solche Hebel. Eine Vereinbarung mit unseren Mitarbeitern, die wir in der Krise finanziell stützen, diese Unterstützung mit Einsatz und Leistungsbereitschaft zurückzugeben, wenn wir wieder aufmachen dürfen, auch. Wir werden da wieder raus finden.

Der mühselige Fortschritt in der Impf- und Teststrategie, der noch fehlende Einsatz von technischen Lösungen ist zum Heulen und zum Haare raufen. Aber wir sind doch die Unternehmer. Lasst uns doch schauen, was wir selbst in der Hand haben! Wer von uns befasst sich mit tragenden Raumluftkonzepten und hat dabei die Stellungnahme des Umwelt Bundesamtes vom 12. August 2020 zum Risiko der Übertragung von SARS-COV-2 mit der Raumluft in sein Hygienekonzept eingearbeitet? Welcher Betrieb testet schon heute seine Mitarbeiter auf COVID-19? Welche Lösung haben wir für das Problem einer durch einen Mitarbeiter in den Betrieb eingeschleppten Infektion? Unsere Hygienekonzepte aus dem letzten Jahr bedürfen einer Überholung und müssen an den heutigen Wissenstand angepasst werden, bevor wir lauthals nach Öffnungen rufen. Und in welche Situation wollen wir eigentlich hinein öffnen?

Lasst uns bitte da ansetzen und uns klug auf die Öffnung vorbereiten, darüber verhandeln, warum wir eigentlich geschlossen sind, Fehler der Vergangenheit gemeinsam korrigieren, ein Leitbild für unsere Branche malen und an die denken, die noch gar keine Öffnungsperspektive haben oder die es tatsächlich nicht durch diese Krise schaffen. Ich denke oft an die Eventbranche, die Kinos, die Clubs, die Reisebüros und die Kollegen ohne touristischen Bezug. Bei dem Gedanken bin ich demütig und dankbar, gebe keinen Löffel ab, tanze nicht um 5 vor 12 und stelle keinen leeren Stuhl vor die Tür sondern stelle mich schützend vor mein Team und plane zuversichtlich für die Zukunft meiner Betriebe. Wir haben noch ausreichend Hausaufgaben zu tun.

Euer Alexander


22. Februar 2021 | Folge 19

Mehr Respekt für tote Tiere

Am Donnerstag haben wir einige argentinische Steaks gebraten, mit Liebe die Rezepturen der Beilagen verfeinert und Bilder für das Social Media Marketing gemacht. Was für ein positives Happening! Die Röstaromen dieser großartigen Steaks lagen in der Luft, wir haben unser neues Geschirr ausgepackt und das frisch renovierte Schiefer hübsch gemacht. Die Sonne hat geschienen: So gerne hätten wir auch gleich die ersten Tische auf den Marktplatz gestellt...

In Kombination mit einer Fleischschulung für unsere Auszubildenden wurden dann nach dem Shooting argentinische Filets, Rumpsteaks, Entrecotes und Hüftsteaks mit ehrlichem Genuss verspeist. Auch da haben wir wieder gemerkt, was uns alles fehlt. Ganz zu schweigen davon, wenn unser DRYAGER wieder mit ganz besonderen Stücken, wie z. B. dem dryaged Hereford Rumpsteak oder dem mächtigen dryaged Tomahawksteak von John Stone, beide aus dem grünen Irland, zum Einsatz kommt.

Zur Wahrheit des Steakgenusses gehört, dass ein Tier sterben muss. Im vergangenen Oktober haben Kevin und ich uns dieser Wahrheit gestellt und den edlen Wagyu Ochsen „Rusay“ in den Tod begleitet. Mein damaliger Post hat hohe Aufmerksamkeit erzeugt, da ich auch das sterbende Tier gezeigt und ihm in die Augen gesehen hatte. Dieses nachhaltige Ereignis, hat mich nicht zum Veganer gemacht, aber es hat meinen Respekt gegenüber dem Leben nochmal geschärft und mit zu unserer Mission für die Zukunft beigetragen.

Seid darum versichert, dass wir auf die Haltungsbedingungen der Tiere achten, die für Euch auf den Grill kommen. Unsere argentinischen Steaks z. B. kommen immer von derselben Farm der Familie Solassi in San José. Das Siegel „Rodeo Ranch Quality“ stellt sicher, dass auf faire Haltungsbedingungen geachtet wird, was mir nicht erst seit der erlebten Tötung von „Rusay“ sehr wichtig ist. Dieses Engagement dient nicht nur dem Tierwohl, sondern auch Eurem Genuss. Darum bezahlen wir gerne einen höheren Preis für unsere Ware. Lasst bitte immer die Finger von billigem Fleisch, denn diesen Tieren kann es nicht gut ergangen sein.

Für die Corona-Etikette sei angemerkt, dass wir auch hinter den Kulissen Hygienekonzepte beachten und jetzt schon regelmäßig unsere Mitarbeiter auf Covid-19 testen. Dies ist Teil unserer Gesamtstrategie, um Euch möglichst bald einen sicheren Aufenthalt mit Verantwortung und Eigeninitiative bei uns anbieten zu können. Für den Moment bleibt leider nur der Blick auf den digitalen Teller und eine hoffentlich unbändige Vorfreude auf den baldigen Steakgenuss bei uns.

Bleibt gesund und hungrig!

Euer Alexander


14. Februar 2021 | Folge 18

Liebe oder Angst?

Vor 17 Jahren, am Samstag, den 14. Februar 2004, haben wir das erste Tim´s in der KaiserPassage eröffnet und meine Selbstständigkeit als Gastronom in Goslar begann. Aber erst in den letzten Jahren habe ich nach reichlichen Irrwegen meine Erfüllung in der Rolle als Goslarer Gastronom gefunden. Mittlerweile sind wir mit vier Gastronomien an den zentralsten Lagen in Goslar die öffentlichen Wohnzimmer der Stadt. Und mit unserem Suite-Hotel und dem nagelneuen Apartmenthaus liefern wir die Schlafzimmer gleich mit. Seit November 2020 liegt nun alles auf unbestimmte Zeit brach.

Trotzdem bin ich dankbar und auch demütig, da ich weiß, dass es vielen Unternehmern wirklich beschissen geht. Bei mir dominiert die Dankbarkeit dafür, dass wir unser kleines Goslarer Unternehmen so gut positionieren konnten und ich mit meinem wunderbaren Team Gastro Urban so erfüllende Zukunftsthemen mit unserer Mission für mehr Nachhaltigkeit, Gesundheit, Regionalität, Transparenz und einer positiven Arbeitskultur besetzen darf. Ohne das Pandemiejahr 2020 wäre das in dieser Form nicht möglich gewesen. Wirtschaftlich finden wir da durch. Auch wenn es bis Juni dauern sollte. Diese Überzeugung trage ich mit großem Selbstvertrauen in mir. Dieses Selbstvertrauen ist dem Reifeprozess geschuldet, den ich in den vergangenen Jahren absolviert habe. Davor habe ich viele angstvolle Stunden durchlebt, viele Fehlentscheidungen gefällt, unzählige Stunden gegrübelt, bin in vielen Nächten schweißgebadet aufgewacht, und habe in zahllosen Siebentagewochen nach Lösungen gesucht. Das hat meine Gesundheit belastet und viele Freundschaften gekostet. Von Existenzängsten getrieben war kein Raum für anderes. Diese Seiten der Selbstständigkeit sind irgendwie unbekannt.

Erst als ich angefangen habe, andere um Rat zu fragen, konnte ich gute Entscheidungen fällen, erst als ich angefangen habe, mein Team besser zu honorieren, hat sich wirtschaftlicher Erfolg eingestellt und erst als ich angefangen habe, mich von meinen Ängsten zu entfernen und mich der Liebe und der Zuversicht zuzuwenden, ist wertvolle Lebensqualität entstanden. Und dank dieses Wachstums bin ich gesundheitlich topfit und empfinde Freude an meiner Rolle. Dies ist der wahre Schlüssel für Erfolg. Der Jahrestag meiner gastronomischen Selbstständigkeit war schon immer der Valentinstag. Dieses hätte ich auch schon früher als Zeichen erkennen können. Und darum möchte ich mich noch mehr der Liebe hingeben, was wir alle viel öfter tun sollten. Leute, ich wünsche Euch viel mehr Liebe, heitere Gelassenheit und Vertrauen in das Leben. Es wird sich alles fügen!

Bleibt gesund und zuversichtlich.

Euer Alexander


6. Februar 2021 | Folge 17

Leadership im Wandel

Seit dem 14. Februar 2004 bin ich nun selbstständiger Gastronom. Damals konnte ich mich darauf ausruhen, dass ich gute Löhne gezahlt und dabei immer jede geleistete Stunde beglichen habe. Das war damals eine klare Abgrenzung zur Branche, in der es oft üblich war, dass Überstunden und „Guttage“ hinten runtergefallen sind. Auch damals hatte ich schon das Bestreben, ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen, in dem mein Team authentisch positive Emotionen transportieren konnte. Andere Führungsskills habe ich jedoch selten beachtet und dadurch ehrlicherweise eine Menge Kollateralschäden angerichtet.

Heute reicht es nicht, sich auf den Lohn zu beschränken. Es geht Arbeitnehmern um wertschätzenden Umgang, Wahrnehmung, Sinnhaftigkeit und die Unternehmenswerte. Das moderne Leaderschip folgt und wandelt sich mit. Wir wollen Mitarbeiter im Herzen erreichen und für eine emotionale Identifikation mit dem Arbeitsplatz sorgen. Dazu ist es notwendig, als Unternehmer selbst zu wachsen. Ich befasse mich gerne damit, bewusst Freude am Tun zu entwickeln, mehr bei mir selbst zu sein und mein plärrendes Ego zu beherrschen. Dem Leben dabei mit einer positiven Einstellung und ein wenig Urvertrauen zu begegnen, bringt mir mehr Gelassenheit und nachweislich einen besseren Gesundheitsszustand. Selbstwirksamkeit und Wahlfreiheit habe ich als Instrumente eines erfüllten Lebens erkannt und trage diese in meinen betrieblichen Kontext, in dem ich auch meine Führungskräfte an diesem Wachstum teilhaben lasse.

Das Ergebnis ist die Etablierung einer positiven Arbeitskultur bei der wertschätzender Umgang, Energie zur Weiterentwicklung und faire Honorierung im Zentrum stehen. Ich bin davon überzeugt, dass eine tatsächlich gelebte Philosophie, soziale Unternehmenswerte, eine Mission und eine nachhaltige Führungskultur immer stärker für den Erfolg eines Unternehmens verantwortlich sein werden. Leere Worthülsen auf der Internetseite bei gleichzeitiger Ausbeutung der Mitarbeiter werden dank der digitalen Medien schnell entlarvt.

Leadership im Wandel ist unsere Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen und dafür zu sorgen, dass unsere Mitarbeiter auch in Zukunft in der einzigartigen Positivität unserer Branche Erfüllung finden. Es bleibt zu hoffen, dass dies von möglichst vielen gastgewerblichen Betrieben erkannt wird. Aktuell glaube ich, dass diese Entwicklung noch zu häufig verpennt wird und dieses Versäumnis weit mehr zur Marktbereinigung beitragen wird, als es die Corona-Pandemie vermag.

Danke für gute Impulse: Marco Nussbaum, Janina Felix, Christoph Guder, Tom Derer und Dieter Lange

Bleibt gesund und denkt besser positiv!

Euer Alexander


1. Februar 2021 | Folge 16

Und dann wundern wir uns wieder, dass wir keine Leute finden!

Auch dieser Lockdown wird zu Ende gehen. Danach befürchte ich, öffnen wir wieder und wundern uns, dass noch mehr Fachkräfte in andere Branchen abgewandert sind und sich der Fachkräftemangel noch verstärkt hat. Es ist einfach zu kurz gesprungen, zu behaupten, dass der Fachkräftemangel durch den demografischen Wandel und eine Werteverschiebung hin zu Abitur und Studium verursacht wird. Die Unternehmen haben es oft schlicht verpennt, sich auf die jungen Leute und deren Bedürfnisse und Lebensmodelle einzustellen. Und noch schlimmer, es gibt immer noch Betriebe, die ihre Mitarbeiter gnadenlos ausbeuten und keine Ahnung davon haben, wie sich der Ruf der Branche als Ausbildungs- und Arbeitsplatz gerade in den digitalen Medien dramatisch verschlechtert.

Ja, es gibt einen tiefen Graben an Erwartungen zwischen Betrieben und Berufseinsteigern. Das Missverhältnis von Lustorientierung und Frustrationstoleranz ist bei vielen jungen Menschen eine Aufgabe. Fehlende Schlüsselkompetenzen, nicht immer gelungene Migration, Bildungsdefizite oder Verhaltensauffälligkeiten machen den Betrieben das Leben schwer und sorgen oft für eine Negativspirale aus sinkender Produktivität, schlechteren Betriebsergebnissen und nachlassender Motivation in den Teams. Dieser Aufgabenstellung müssen wir begegnen lernen. Unser innovatives Ausbildungsprojekt „I LOVE GASTRO“ setzt da an.

Aber es liegt viel weniger an den jungen Leuten. Die haben Bock! Wir sehen es gerade an der Beteiligung unseres aktuellen Projekts: Die Azubis nehmen die Inhalte mit leuchtenden Augen auf. Es sind die Betriebe und die Führungskräfte an denen es vielfach krankt. Aus Überforderung, Bequemlichkeit oder mangelnder Einsicht? Wir Unternehmer müssen den ersten Schritt machen! Wer denn sonst? Wenn es uns nicht gelingt, mittels einer positiven Arbeitskultur für unsere wirklich einzigartig schöne Branche zu begeistern und diese Begeisterung auch im Betrieb positiv umzusetzen, wird das Gastgewerbe keine einfache Zukunft haben.

Mit meinem wunderbaren Team Gastro Urban leben wir viele Aspekte aus dem Projekt „I LOVE GASTRO“ vor. Und wer sich wundert, warum wir relativ smart durch die Pandemie kommen, dem sei gesagt: Eben weil wir so viel in Wertschätzung, Weiterentwicklung und faire Honorierung investiert haben, hat sich unser Unternehmenserfolg in der letzten Zeit drastisch verbessert. Auch wir befanden uns bis vor ein paar Jahren in der angeführten Negativspirale. Mit viel Energie und finanziellem Aufwand haben wir diese umkehren können. Mit Hilfe des Projekts versuchen wir diese Erfahrung wesentlich eleganter in die Betriebe zu bringen und so das Gastgewerbe ein Stück zukunftssicherer zu machen.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Euer Alexander


26. Januar 2021 | Folge 15

Brennglas Corona

Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, wie schwach viele Betriebe aufgestellt waren. Schon nach wenigen Tagen der Schließung im März 2020 wurden Hilferufe laut, da die ersten Insolvenzen drohten. Es war in vielen Betrieben so wenig Substanz vorhanden, da oft von der Hand in den Mund gelebt wurde.

Leider ist Selbstständigkeit im Gastgewerbe kein Ausbildungsberuf und jeder mit einer Idee darf versuchen, sich selbst zu verwirklichen. Aber unabhängig davon, wie groß die Diskalkulie im Spielfeld der eigenen Speisekarte ausgeprägt ist, ist es auch der Konkurrenzdruck, der die Preise der Speisekarte bestimmt. Besonders wenn dann Gäste digitalen Druck via Facebook und Tripadvisor ausüben und das Schnitzel für 6,90€ feiern. Es wird dann die Wettbewerbsverzerrung durch die Betriebe belohnt, die teilweise auf die Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Lohnsteuer und die Sozialabgaben verzichten und so eine viel flachere Betriebskalkulkation aufweisen. Dort reicht vielleicht ein Aufschlag vom Faktor 2,5, obwohl heute eher eine deutliche 4 vor dem Komma stehen müsste, wenn man seine Mitarbeiter fair bezahlen, unbedenkliche Lebensmittel einkaufen und einen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten möchte. Der unterdurchschnittliche Gastronom wähnt sich allerdings schon als erfolgreich, wenn die Einnahmen für die Leasingrate des neuen AMG´s reichen, wobei Umsatz und Gewinn regelmäßig verwechselt werden. Es werden oft alle Gastronomen kontakariert, die ehrlich ihrer Leidenschaft nachgehen wollen.

Die Krise hat nun deutlich gezeigt, dass die Preise steigen müssen. Wir brauchen höhere Löhne, um dem Fachkräftemangel substantiell zu begegnen und solidere Unternehmen zu bauen, die sich auf zukünftige Entwicklungen zu einem qualitativen Wachstum einlassen können.

Diese höheren Preise müssen wir unseren Gästen schmackhaft machen und dafür Veränderungen herbeiführen. Es darf einem Gast dabei nicht egal sein, ob die Mitarbeiter, die ihn bedienen, in prekären Arbeitsverhältnissen leben und ob Kriterien des Tierwohls beachtet werden, oder nicht. Die zunehmende Nutzung der digitalen Medien spielt uns dabei in die Karten, da wir so in Wort und Bild für unsere Leistung emotionalisieren und in Kontakt mit den Gästen treten können. Die Linse der Kamera deckt dabei auch gnadenlos weitere Misstände der Konzepte auf, die optimiert werden wollen.

Es freut mich sehr, dass ich in kurzer Zeit viele coole Gastromomen auf Clubhouse hören durfte, die ähnlich denken. Das macht mir zusätzlich Mut und motiviert mich, unsere Mission für die Zukunft voranzutreiben. Corona wird auch Positives hervorbringen.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Euer Alexander


21. Januar 2021 | Folge 14

Gehen jetzt alle Restaurants über die Wupper?

Das ist ein komplexes Themen, da die extrem vielschichtige Kleinteiligkeit unserer Branche auf die verwirrende Komplexität der verschiedenen Beihilfetöpfe trifft. Das kann eigentlich nur ins Auge gehen. Fragt man, wie es der Branche geht, bekommt man zu hören, dass sich ca. 75% aller Betriebe in dramatischer Schieflage befinden. Im Gegensatz dazu empfindet die öffentliche Meinung, dass es dem Gastgewerbe gut gehen müsste und im Zweifel mit den Novemberhilfen viel zu üppig entschädigt wurde.

Nach dem vergangenen Sommer entscheidet der Standort am meisten über das Los der Betriebe. Es gibt touristische Regionen wie der unseren, in denen das Gastgewerbe im Sommer einen Teil der Verluste der ersten Welle trotz der massiven Auflagen und Platzeinschränkungen wieder einfahren konnte. Es gibt aber auch Regionen, in denen das überhaupt nicht der Fall war und die Betriebe seit März durchgehend am Tropf der Beihilfen der verschiedenen Hilfspakete hängen. Große und verbundene Unternehmen fallen oft durch alle Raster durch und gehen trotz erbrachter Opfer leer aus, da die Gesamtbeihilfe pro Unternehmen absurd niedrig gedeckelt ist. Wir liegen mit unserer Betriebsgröße genau dazwischen und haben diesen Deckel ab Dezember erreicht. Allerdings nicht aufgrund hoher erhaltener Beihilfen, sondern weil ein in Anspruch genommener KfW-Kredit in voller Höhe angerechnet wird.

Die Steuerberater sind aktuell überfordert und monieren, dass die sowieso komplizierten Vergabekriterien der Überbrückungshilfen nachträglich verändert wurden und darum viele Anträge nun fehlerhaft sind, was am Ende die Treffgenauigkeit der Hilfen zum Glücksspiel macht. Zum Beispiel wurde unser einziger Antrag zur Überbrückungshilfe für den Juni 2020 über einen recht geringen Betrag erst im November ausgezahlt. Und seitdem herrscht, bis auf einen Vorschuss auf die Novemberhilfe im Januar, Schweigen im Walde, obwohl wir seit November ohne Einnahmen sind. Man muss dabei bedenken, dass im November die ganzen nachlaufenden Kosten aus dem Oktober abgebucht wurden, die Mieten für November, Dezember und Januar schon fällig waren, die Löhne November und Dezember vorfinanziert werden mussten und die fixen Belastungen ungebremst weiterlaufen. Die Miete Februar steht vor der Tür und die Mitarbeiter wollen dann auch eine Lohnzahlung erhalten. Das kann schon ein Loch in die Kriegskasse reißen und je nach Lage und individueller Situation für schlaflose Nächte sorgen. Glücklicherweise haben wir tolle Partner an unserer Seite und bekommen das hin.

Die Politik hat Fehler erkannt und jetzt aktuell Besserung gelobt. Das bei den Änderungen teilweise alle EU-Mitgliedsstaaten zustimmen müssen, macht es allerdings nicht schneller und nicht weniger komplex. Aber ich bin sicher, dass sich mit der Zeit noch vieles fügen und zurechtruckeln wird. Dabei wünsche ich allen Kollegen Glück und einen kühlen Kopf.

Bleibt gesund und zuversichtlich!

Euer Alexander


19. Januar 2020 | Folge 13

Seid nicht böse, dass wir die Küchen kalt lassen!

Viele Gäste fragen mich immer wieder, warum unsere Küchen kalt sind, obwohl es erlaubt wäre, Speisen außer Haus zu verkaufen. Andere haben mich sogar hinterrücks angefeindet, weil wir dies wohl nicht nötig hätten.

Dieses Thema möchte ich nicht halbherzig mit einem: „Lohnt nicht!“ abspeisen. Außer-Haus-Verkauf lässt sich bei uns wirtschaftlich nicht schlüssig organisieren. Öffneten wir nur eine Küche, würden wir keinen spürbaren Hebel für das Gesamtunternehmen erreichen können. Öffneten wir alle Küchen, würden wir eine enorme Maschinerie mit erheblichen Waren- und Personalkosten sowie hohem Marketing- und Logistikaufwand starten, was einer ungewissen Akzeptanz gegenüber stehen würde.

Man darf getrost vermuten, dass die meisten Außer-Haus-Konzepte lediglich kurzfristig Liquidität, aber selten solide Gewinn erzeugen können, womit die Dramatik der aktuellen Lage bei einigen noch verschärft werden könnte. Es sei denn, dass die inoffiziellen Kriegskassen gefüllt werden sollen. Bestimmt ist es bei einigen wenigen Betrieben auch gut möglich, tragfähig zu arbeiten, wenn die Infrastruktur dafür passt. Meist ist es dann der Fall, wenn die Betreiber mit Hand anlegen und kaum Mitarbeiter aus dem KUG abgezogen werden müssen.

Es ist eine andere Frage, in Erinnerung und über den Verkauf der Speisen in Kontakt mit Gästen bleiben zu wollen. Allerdings liegt es mir fern, Umsatz auf Basis von Solidarität und Mitgefühl erzielen zu wollen. Unser Geschäftsmodell soll es bleiben, unseren Gästen eine gute Zeit zu bereiten und dabei für Genuss, Zusammengehörigkeit, Lebensfreude und das Sehen und Gesehen werden zu sorgen. Lieferkompetenz versus Versorgungsverantwortung und versus politische Korrektheit, Gäste vor den Laden in der Innenstadt zu locken, mal ganz außen vor gelassen.

Unser Weg ist der, dass wir uns wirtschaftlich klein machen, das KUG unserer Mitarbeiter aufstocken, gezielte Investitionen vornehmen, unsere coole Mission für die Zukunft planen und unserem Lehrauftrag gegenüber unseren Auszubildenden verantwortungsvoll gerecht werden. Es ist in jedem Fall klar: Wir bezahlen einen enormen Preis für den allgemeinen Gesundheitsschutz, aber je mehr Gastwirte jetzt klug rechnen und abwägen, desto mehr Gastronomien werden diese Phase auch überstehen.

Seht es uns nach, bleibt gesund und immer zuversichtlich! Wir vermissen Euch sehr!

Euer Alexander


17. Januar 2021 | Folge 12

Für mehr Sinn und Nachhaltigkeit in unseren Gastronomien

Bestens versorgt erhole ich mich auf dem Sofa von einer einfachen Knie-OP. Ich freue mich darüber, dass es mir so nun gezwungenermaßen endlich gelingt, nochmal mehr zur Ruhe zu kommen und ein Buch zu lesen. Als wenn der Lockdown mit seinem Ruhepotential noch nicht gereicht hätte... Diese Phase möchte ich nutzen und meinen Gedankenbogen ein wenig über die Pandemie hinausspannen.

Wir benötigen eine coole Mission, die auf die Zeit nach der Pandemie abzielt. Mit dieser Mission soll mehr Sinnhaftigkeit und Verantwortung für unsere Zukunft in unserem täglichen Handeln einhergehen. Und diese Verantwortung kann nur mehr Nachhaltigkeit bedeuten. Wir wollen und wenn wir ehrlich sind müssen! uns mit der Bedeutung von gesünderen, nachhaltigeren, regionaleren und transparenteren Konzepten noch mehr auseinandersetzen. Es geht nicht darum, mit aller Gewalt alle unsere Konzepte umzukrempeln und damit vermutlich auch zu ruinieren, sondern darum, unseren Gästen und Mitarbeitern Angebote zu machen und so behutsam auf diese Mission mitzunehmen.

Es wird ein Wachstumsprozess sein, der in allen unseren Gastronomien mit unterschiedlichen Gewichtungen Einzug erhalten wird. Wird das Tims in fünf Jahren zu 100% vegan / vegetarisch sein? Wird es uns gelingen, dass das Wildfang - Bier & Wirtshaus nur noch mit regionalen Produkten arbeitet? Können wir unser Schiefer so transparent gestalten, dass ihr immer mit gutem Gewissen ein Steak anschneiden könnt? Können wir unser Mycoffee zu einem Daily ausbauen, in dem Ihr all diese Angebote konzentriert abholen können werdet? Werden wir unsere positive Arbeitskultur "I LOVE GASTRO“ mit Hilfe der Luchs Akademie weiter zu einer nachhaltigen Arbeits- und Ausbildungsplattform ausbauen können? An diesen Fragen werden wir unser Handeln zukünftig ausrichten. Ich bin mega-motiviert, nach der Pandemie reinzuhauen und mit meinem Team und Euch diesen Weg zu gehen. Bilder vom Klimawandel, von Tiertransporten, von Ferkelkastrationen dem Kükenschreddern und völlig verkorkster Lebensmittel sind zusätzlicher Ansporn.

Seid gespannt auf das was kommt. Ich bin es auch. Die Grundsteine sind schon überall gelegt. Nun bin ich auf Euer Statement gespannt!

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


05. Januar 2021 | Folge 11

Welche Angst hast Du?

Viele Menschen reden aneinander vorbei, wenn es um das Thema Corona geht. Man sollte sich doch die Frage stellen, gegen welche Angst ein jeder argumentiert. Und da hat es Corona wirklich faustdick hinter den Ohren… Angst, sich selbst oder andere anzustecken? Angst vor den wirtschaftlichen Folgen? Angst vor den gesellschaftlichen Veränderungen, die das Virus mit sich bringen wird? Angst davor, ungerecht behandelt oder gar betrogen zu werden?

Als Unternehmer schaue ich eher auf die wirtschaftlichen Konsequenzen, die diese Krise für mich und mein wunderbares Team Gastro Urban haben könnte. Mit großer Verwunderung besonders auf den Workflow im Kontext der November- und Dezemberhilfen und dabei auch auf das EU-Beihilferecht.

Als jemand der die Erkrankung mit einem recht milden Verlauf schon hinter sich gebracht hat, bin ich vielleicht eher in der Lage, mich in jemanden hineinzuversetzen, der Angst vor Erkrankung sein Eigen nennt. Darum bin ich lieber sehr leise, dankbar und demütig, wenn es um die Beurteilung von Covid-19 geht.

Am Ende werden uns die Historiker Antworten geben müssen. Wie viele Studien waren nötig, um die niedrige Ansteckungsgefahr im Flugzeug zu belegen? Ist ein Corona-positiver nur ein positiver Test oder auch ein kranker Mensch? Was hat die IHK mit den Novemberhilfen zu tun? Strategie versus Lockdown? Und wer sollte die Strategie überwachen? Fax versus Corona-App? Sind Krankenhäuser übervoll oder mangels Auslastung fast insolvent? Wir dürfen nicht alles blind glauben, was die Medien berichten, weglassen und dabei Politiker und Fachleute vor sich hertreiben oder andere möglicherweise ignorieren, sicherlich auch Auflagen und Klicks im Hinterkopf.

Der Versuch, aktuelle Zahlen, Meinungen und sich verändernde Kenntnisstände zu interpretieren kann auch Angst machen und eigene Ohnmacht spüren lassen. Klar, muss man Sachverhalte hinterfragen dürfen! Aber um ehrlich zu sein, werden wir diese Sachverhalte mit Sicherheit aktuell nicht alle in allen Ebenen und Wechselwirkungen verstehen können. Ich zumindest nicht. Und ich glaube viele andere, besonders die lautstarken Protestler, auch nicht. Eine ganze Welt durch die Krise zu steuern kann schon komplex sein.

Es wird irgendwann ein Ende der Pandemie geben. Und da werden wir uns alle in die Augen sehen und reflektieren müssen, ob wir Haltung und Anstand gewahrt haben. Ob wir verständnis- und rücksichtsvoll gewesen sind. Und ob wir uns um die Schwächeren gekümmert, angepackt und Lösungen gefunden haben.

Mir geht es deutlich besser, seitdem ich meinen Fokus frei von Angst und mit unverwüstlichem Optimismus genau dahin gelenkt habe. Wir sind wieder da, wenn wir dürfen! Bis dahin habt keine Angst und vergesst uns nicht!

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


23. Dezember 2020 | Folge 10

Auf das Jahr 2020 schaue ich voller Dankbarkeit zurück

Es war ein Chancenfinderjahr. Es ist uns gelungen, den Raucherbereich vom Tims in ein Leben als Nichtraucher zu überführen. Das Schiefer hat ein Facelift bekommen und ist damit noch mehr zum coolen Steakhaus geworden. Die Konzepte unserer Betriebe wurden insgesamt geschärft. (Wortspiel!) Das nigelnagelneue Schiefer Apartmenthaus wurde eröffnet. Wir hatten eine fulminante Sommersaison. Ich denke dabei voller Demut an die Betriebe, denen dieses Glück nicht vergönnt war. Langjährige Partnerschaften haben sich bewährt. Mit IQ-Check, E2N, BOX, Gastronovi online-Reservierung, Easybooking haben wir uns weiter digitalisiert. Unser innovatives Bildungsprojekt "I LOVE GASTRO" ist mit Unterstützung der EU und des Kultusministeriums im Sommer an den Start gegangen. Meine eigene Weiterbildung zum Führungskräftecoach läuft. Und auch für 2021 stecken wir voller Ideen. Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit werden große Themen sein.

Privat haben alle ärztlichen Untersuchungen gezeigt, dass eine positive Lebenseinstellung auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Dafür bin ich besonders nach meiner Corona-Erkrankung im März dankbar. Ein gesunder Mensch hat viele Wünsche. Ein Kranker nur einen.

In diesem besonderen Jahr hat sich gezeigt, was echter Teamspirit ist. Wir haben hoffentlich alles dafür getan, dass jeder Mitarbeiter von uns ein sorgenfreies Weihnachten verbringen kann. Ich danke meinem wunderbaren Team Gastro Urban von Herzen. Dafür, dass alle unser Spiel so begeistert mitspielen und dafür sorgen, dass auch ich immer gerne zur Arbeit komme. Mit Wertschätzung kommt man weiter.

Und das wünsche ich Euch allen auch. Nutzt die Zeit, bleibt gesund, verliert die Zuversicht nicht und zeigt Haltung. Dies ist in der Krise besonders wichtig.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


13. November 2020 | Folge 9

Politik ohne Plan

Zu Beginn der Pandemie habe ich für Solidarität innerhalb der Wertschöpfungsketten geworben und mich für die Mitarbeiter meines Unternehmens stark gemacht. Es ging mir darum, mit Anstand durch die Krise zu gehen. Innerhalb meines wunderbaren Team Gastro Urban ist uns das gelungen. Es wurde niemand entlassen, wir haben uns gegenseitig gestützt und dem geholfen, der Hilfe brauchte. Ob man gleiches von der Politik sagen kann, steht auf einem anderen Blatt. Der Bonus des Frühjahrs ist mittlerweile verspielt und unsere gesamte Branche steht mit völligem Unverständnis vor dem, was von der Politik gerade angerichtet wird.

Die Regierung plant seit vergangenem Freitag das Infektionsschutzgesetz zu novellieren. Man möchte u. a. die uns mittlerweile bekannten Maßnahmen wie Beherbergungsverbote, Sperrzeitenverlängerungen, Alkoholausschankverbote und Betriebsschließungen leichter und gerichtsicherer am Parlament vorbei durchsetzen können, ohne dabei Schadenersatz leisten zu müssen. Denk sich einer diese Folgen für das Gastgewerbe für den Dezember und einer dritten oder vierten Welle im Januar oder Februar aus?

Ohne Frage muss die Infektionswelle gebrochen werden. Das Corona Virus ist für viele Menschen sehr gefährlich und die Liegezeiten in den Intensivstationen lang. Zudem sind die gesundheitlichen Spätfolgen noch nicht so richtig absehbar. Ich selbst spüre ab und an einen Druck auf meiner Lunge, der mich verdächtig an meine eigene Corona Infektion im März erinnert. Ebenfalls schlagen Autoimmunwerte bei mir Alarm. Dies teile ich mit, weil ich nicht in eine Ecke mit Corona Leugnern gestellt werden möchte oder die Pandemie verharmlosen will. Ich nehme das Geschehen sehr ernst. Aber ich möchte auch verstehen, was und warum die Regierung etwas plant.

Wieso wird angesichts der internationalen Tragweite, der horrenden Verschuldung von Staat und Betrieben sowie der massiven Gesundheitsgefahr der Datenschutz nach wie vor über den Gesundheitsschutz gestellt? Wäre es nicht smarter gewesen, man hätte die Corona Warn App personalisieren und an die Gesundheitsämter anbinden können?

Warum wurden die Gesundheitsämter in den vergangenen Monaten nicht digital und personell aufgerüstet? Hätte dann die Kontaktverfolgung (möglicherweise auch mit Einbindung der Corona Warn App) nicht effizienter sein können? Als Folge eines solch jämmerlichen und bitteren Versäumnisses wird jetzt mit dem Hammer anstelle eines klugen Skalpells operiert.

Die Gesundheitsämter haben die Übersicht verloren, weshalb man nicht genau bestimmen könne, wo das Infektionsgeschehen aktuell herkäme. Aber kurz vorher hat es das RKI noch gewusst. Zum größten Teil aus privaten Haushalten und der Arbeit. Zum kleinsten Teil aus Restaurants und Hotels. Wäre es nicht schlauer gewesen, man hätte die Grafik des RKI´s hochskaliert und daran seine Maßnahmen orientiert? Das die Restaurants und Hotels jetzt geschlossen sind, scheint nicht nur für Gastronomen und Hoteliers absurd. So können die Kontaktbeschränkungen kaum Wirkung entfalten, da der unkontrollierte private Bereich zwangsläufig vergrößert wurde. Die Schließung des Gastgewerbes an sich kann keinen Effekt auf die Infektionszahlen haben, da es auch ohne Lock-Down dort keine nennenswerten Infektionen gegeben hat. Der politische Hammer kloppt auf die falschen Nägel.

Die Vorgaben für das verschärfte Infektionsschutzgesetz orientieren sich auch für die Zukunft an den 7-Tage Inzidenzen der jeweiligen Anzahl von Infizierten pro 100.000 Einwohner. Diese wurden vor einiger Zeit als Belastungsgrenze der Gesundheitsämter festgelegt. Dies sagt aus, dass man auch in der Zukunft nicht vor hat, die Gesundheitsämter personell oder digital aufzurüsten und sich um aussagekräftigere Indizes zu bemühen. Der Anschein einer konzeptlosen und angstgetriebenen Regierung wächst und geht zu Lasten unserer Branche.

Nachdem für das Gastgewerbe der vollmundige Wumms definitiv ausgeblieben ist und die Bazooka Ladehemmungen hat, wurden nun Versprechungen hinsichtlich der verordneten Betriebsschließungen, der sogenannten „Novemberhilfen“ für die Sonderopfer gemacht. Mit frappierender Langeweile wird gerade ein weiteres Steuerberaterbeschäftigungsprogramm zusammengeschustert. Nicht umsonst warten so viele Unternehmen schon seit Monaten auf die Hilfen aus dem Konjunkturpaket. Nicht umsonst ist erst ein Bruchteil der bereitgestellten Hilfen überhaupt erst angewiesen worden. Auch bei uns sind es nur die Kredite, die das Überleben sichern. Angesichts der aktuellen Betriebsschließung bei weiterlaufenden Kosten, ein verheerendes Signal des Desinteresses unserer Not.

Irgendwann werden die Geschichtsbücher über diese wilde Zeit berichten. Deutschland ist bisher prima durch die Krise gekommen. War es am Ende die Weisheit der Politik, die gute Struktur unseres Gesundheitssystems, die geringere Bevölkerungsdichte oder doch eher die typisch deutsche Vernunft und Obrigkeitshörigkeit, die für den milden Verlauf der Corona Pandemie bei uns verantwortlich ist? Zu diesem Erfolg hat die Disziplin und die Kompetenz der deutschen gastgewerblichen Betriebe mit Sicherheit beigetragen. Das Gastgewerbe kann von jeher Hygiene und hat auch von jeher einen Anspruch an Fürsorge für seine Gäste, so dass die Einschätzung des RKI´s für uns keine große Überraschung darstellte. Auch wenn dies von der Politik nicht honoriert wird, können wir auf die Leistung unserer Mitarbeiter stolz sein. Auch heute begreife ich uns mit unseren technischen Voraussetzungen und unserem Knowhow noch als Teil der Lösung.

Ich bin froh darüber, dass wir Gastronomen und Hoteliers so hemdsärmelige, kreative und anpackende Unternehmer und Unternehmerinnen sind. Viele von uns sind ein instabiles wirtschaftliches Milieu gewohnt und lassen sich dadurch jetzt auch nicht schrecken. Lasst uns wie immer eine Lösung finden und schauen, welche Chancen die Krise mit sich bringt. Es sollte mit Fehlern der Vergangenheit gebrochen werden, oder? Letztendlich sind es unsere eigenen Betriebskalkulationen, die auch für wirtschaftliche Instabilität sorgt. Es ist unser teilweise antiquierter Umgang mit Mitarbeitern, die den Fachkräftemangel verstärkt. Es ist unser fehlender Drang zur Weiterentwicklung, der unser Wachstum verzögert. Lasst uns darum weiter positiv vorangehen und unsere Hausaufgaben für die Zukunft machen. Es wird dann auch das Gastgewerbe geben. Genauso wie die Politik.

Aber vielleicht nimmt sich die Politik an uns ein Beispiel oder fragt mal um Rat. Zum Thema Lebensnähe, Anstand und Pflichtbewusstsein hätten wir mindestens etwas zu sagen.

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


31. Oktober 2020 | Folge 8

Und ab jetzt Lockdown

Lukullus, der Gott des Fassbieres und der Gastlichkeit hat uns an diesem Wochenende nochmal volle Häuser beschert. Mit funktionierenden Hygienekonzepten versteht sich. Ab Montag wird es aber wieder still im Gastgewerbe.

Mit dem leuchtenden Schriftzug „I LOVE GOSLAR“ werben wir von jeher für mehr Wertschätzung für unsere Betriebe hier in Goslar und die Leistung, die unser wunderbares Team Gastro Urban in unseren Restaurants „Tim´s“, „Wildfang - Bier und Wirtshaus“ und „Schiefer - Pizza und Steakhaus“, unserem Coffeeshop „mycoffee“, in unserem „Schiefer Hotel“ und in unseren „Schiefer Apartments“ erbringt. Es geht eben nicht nur darum Cola und Currywurst an den Tisch zu tragen. Wir spielen auch eine übergeordnete Rolle für die Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserem schönen Goslar. Wir stehen für Zusammengehörigkeit, für Genuss, für Lebensfreude, für das Sehen und das Gesehenwerden. Das gibt den Tätigkeiten unseres bunten Teams aus Kellnern, Köchen, Springern, Barkeepern, Küchenhilfen, Reinigungskräften, Rezeptionisten und Betriebsleitern einen Sinn und beschert uns allen ein großartiges Teamevent. Wir sind Gastgeber aus Leidenschaft und lieben was wir tun.

Ohne unsere öffentlichen Wohnzimmer wird es nun ungemütlich in der Stadt. In dem nun kommenden, tragischen Experiment wird diese Rolle mehr als deutlich. Gerade der Einzelhandel wird unser Fehlen ausbaden müssen. Wir drücken unseren Gästen, unseren Goslarern und den Touristen, die uns in den nächsten Wochen hier in Goslar besuchen wollten, die Daumen. Wir denken an Euch und freuen uns, wenn wir wieder unsere Türen für Euch öffnen dürfen.

Dann jetzt der plötzliche November-Lock-Down, light. Wie erkläre ich dies meinen Mitarbeitern, die so verantwortungsbewusst gearbeitet hatten? Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir nun die Versäumnisse der Politik ausbaden müssen. Anstatt die Gesundheitsämter digital und personell aufzurüsten oder sich klügere Maßstäbe auszudenken, hat man die Corona Sommerpause lieber nicht genutzt. Statt möglichem Skalpell wieder der Hammer, der den falschen Nagel schlägt. On top nun die Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes. Man bedenke eine mögliche dritte oder vierte Welle.

Morgen leuchtet unser Schriftzug „I LOVE GOSLAR“ auf dem Marktplatz ein letztes Mal für Euch. Bleibt gesund und haltet durch!

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


6. Juni 2020 | Folge 7

Who the fuck is Fachkräftemangel?

Die Branche stöhnt unter dem Fachkräftemangel. Man kann zwei Ursachen bei der Beurteilung des Fachkräftemangels zusätzlich zum langsam beginnenden demographischen Wandel identifizieren. Dabei ist es unstrittig, dass sich die Zahlen potentieller Berufseinsteiger durch eine Werteverschiebung in der Gesellschaft; weg von der dualen Ausbildung und hin zu Abitur und Studium; verringert haben.

Es ist festzustellen, dass bei Berufseinsteigern und Auszubildenden zunehmende Bildungsdefizite im unteren Bildungssegment, fehlende Schlüsselqualifikationen im gesamten Bildungsspektrum und sprachliche Hemmnisse durch Zuwanderung vorhanden sind. Namhafte Kinder- und Jugendpsychiater sprechen von bis zu 70% junger Menschen, die Auffälligkeiten in einem oder mehreren Bereichen verzeichnen. Aufgrund der Verknappung der Bereitschaft zur dualen Ausbildung finden sich immer mehr junge Menschen mit teils multiplen Vermittlungshemmnissen in den Betrieben wieder, die es in der Vergangenheit vermutlich nicht dorthin geschafft hätten. Dies sorgt für massive Störungen und für Überforderung der ausbildenden Kräfte in den Betrieben und den Berufsschulen. In den Betrieben steigen die Personalkosten mit sinkender Produktivität, die Erfüllungsquoten am Gast werden geringer und das Betriebsklima und damit auch die Außenwirkung als positiver Arbeitsplatz schwindet. Damit verringern sich die Umsätze und dadurch auch die wirtschaftliche und kreative Schaffenskraft der Verantwortlichen. Die Unternehmensbewertungen der Geldinstitute verschlechtern sich, was die Aufnahme von Investitionskrediten erschwert. Es ist eine negative Spirale.

Aber auch die Betriebe selbst tragen ihren Teil zum Fachkräftemangel bei. Viele Betriebe zeichnen sich durch einen unzeitgemäßen Umgang mit Mitarbeitern aus, sind nicht auf den veränderten Arbeitsmarkt und die Anforderungen der Generation Y und folgende vorbereitet. Dies ist vorsichtig ausgedrückt. Durch den runden Tisch unserer BBS erfahren wir, dass sich ca. 40% der Azubis ausgebeutet fühlen und es auch tatsächlich werden. Unbezahlte Überstunden, rauer Umgangston, durchgehende Wochenendarbeit, Arbeitseinsätze an Berufsschultagen, Urlaubsstreichungen sowie finanzielle Kunstgriffe in die eh schon leeren Taschen der Azubis machen diesen die Arbeit im Gastgewerbe weiter madig.

Das Image des Gastgewerbes als Arbeits- und Ausbildungsplatz verschlechtert sich durch die Verbreitung oben angeführter Umstände in den digitalen Medien überproportional schnell. Nicht erst seit dem Rezo-Video sollten wir wissen, dass es einen digitalen Bruch in der Gesellschaft gibt, die uns folgenden Generationen auf anderen Wegen kommunizieren und sich auch durch andere Quellen informieren. Zurzeit haben Verbände und Betriebe diesem Prozess nur wenig entgegenzusetzen. Die Lebenseinstellungen junger Menschen verändern sich dabei sehr: „Schaffe was, dann hast Du was, dann bist Du was!“, gilt kaum noch als Vorbild einer erfüllten Lebensführung. Stattdessen werden Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns neben einer guten Bezahlung in den Vordergrund gerückt. Und das passt eigentlich gut zum Gastgewerbe. Wir sollten verstehen, dass unsere Gäste lieber von Menschen bedient werden, die dieses auch authentisch gerne tun. Daher sollte unser Ansatz sein, unseren Mitarbeitern mit mehr Wertschätzung zu begegnen, sie fair zu entlohnen und auch in ihre Weiterentwicklung zu investieren. Nur so kann ein erster Schritt aussehen, der eine positive Spirale starten kann.

Euer Alexander


25. April 2020 | Folge 6

#restartgastro, aber bitte nicht jetzt

In der Gastronomie sagt man, dass ein schlechter Koch immer noch ein guter Kellner sei. Vom Kaufmann hat aber keiner gesprochen… Unsere Fernsehköche und kochenden Starberater fordern einen achtsamen und baldigen Neustart der Restaurants unter dem Hashtag #restartgastro. Es gibt sogar eine Petition dafür. Aber auch andere machen sich für einen schnellen Start stark.

Aber wissen sie wirklich, was sie tun? Unsere Promis springen vor, stellen unüberlegte Forderungen und alle anderen rennen wie die Lemminge hinterher. Und erkennen dabei nicht, dass sie damit auch ins sichere Verderben rennen würden. Durch Existenzangst getriebener Aktionismus ist ein schlechter Ratgeber.

Was würde passieren, wenn wir jetzt öffnen dürften? Es würden kaum Gäste kommen. Der Einzelhandel erlebt dieses gerade und reibt sich enttäuscht die Augen, weil die Bevölkerung nicht in der erwarteten Konsumlaune ist und der erwartete Nachholeffekt ausbleibt. Es herrscht da draußen ein Virus und damit auch eine ungeheure Verunsicherung. Ist das Virus gefährlich? Welchem Virologen ist zu trauen? Sind wir eher mit Schweden oder eher mit Spanien zu vergleichen? Droht eine Massenarbeitslosigkeit oder eine Rezession? Die Politik warnt andauernd vor Ansteckung und mahnt zur Distanz! Verschwörungstheorien machen in alle Richtungen ihre Runde. Aber eins ist dabei Fakt: Anstecken möchte sich niemand! In dieser Situation sollen wir unsere Restaurants öffnen? Man soll dabei wohl hoffen, mit Sicherheitsmaßnahmen und Masken das unbeschwerte Gefühl eines Restaurantbesuchs transportieren zu können? Familie Mustermann soll dann sofort voller Freude rufen: „Super, Rinderfilets für alle!“ Das ist fern jeder Realität. Welche Umsätze wären zu erwarten? 10% oder 20% vom Vorjahr? Das haben wir doch schon erlebt, als im März die Geschäfte runtergefahren wurden? Überschlagen wir doch mal:

Das Gastgewerbe lebt grundsätzlich von der Leidenschaft und ist sogar unter guten Bedingungen kaum rentabel. Zurzeit haben wir einen reduzierten Block an fixen Kosten zu bewältigen, Mitarbeiter in Kurzarbeit und viele Ausgaben und Abgaben gestundet. Machten wir jetzt auf, fielen die eingesetzten Mitarbeiter aus dem KUG, wir hätten unseren Wareneinsatz und verbrauchsabhängige Kosten zu kalkulieren und müssten bis Juli noch 19% Umsatzsteuer auf Speisen entrichten. Aber mit welchen Prozenten wäre weiter zu rechnen? 50% oder 60% Personalkosten, weil kaum Gäste kämen und die Mitarbeiter sinnlos rumstehen würden? 40% oder 50% Ware, weil sie teilweise weggeworfen werden müsste, weil einfach kein ausreichender Umschlag generiert werden könnte? Was wäre mit dem Marketing und der Verwaltung? Dem Aufwand der Hygienemaßnahmen? Leute, Umsatz ist nicht gleich Gewinn und passende Betriebskennzahlen unmöglich darstellbar. Aber das wissen Fernsehköche scheinbar nicht. Es ist unter den jetzigen Bedingungen damit zu rechnen, dass wir uns durch eine Öffnung der Betriebe mitten in der Krise weiter verschlechtern und ganz gewiss nicht verbessern würden. Tragkraft, die auch ausreichen würde, um die fixen Kosten abzudecken, kann jedenfalls unmöglich entstehen. Letztendlich darf das aber jeder für sich entscheiden, wenn es soweit ist. Aus meiner Sicht würde durch eine frühzeitige Öffnung die Wucht der sicherlich kommenden Insolvenzwelle noch verstärkt werden.

Aber was wäre das Resultat für alle Betriebe, wenn #restartgastro zu früh erfolgreich wäre? Wir würden der Politik den Druck nehmen, sich weiter um Lösungen zu bemühen, die endlich funktionieren. „Die haben doch auf und machen ja Umsatz!“ wird es heißen. Ich bin dankbar für die Reduzierung der MwSt. Es ist ein guter Anfang für die Zeit nach der Krise, um aufgelaufene Defizite und Kredite wieder abbauen zu können. Ein zartes Pflänzchen, das auch in die nächsten Jahre wachsen sollte. Aber erneut eine Situation wie zu Beginn der Krise, in der ich einerseits auf Umsätze hoffte und dabei der Politik lauschte, die vor Restaurantbesuchen warnte, möchte ich nicht nochmal erleben. Von der Sorge und dem Zwiespalt, niemanden durch die Geschäftstätigkeit zu gefährden und trotzdem Arbeitsplätze zu sichern, mal ganz abgesehen.

Wenn wir ehrlich sind, benötigen wir nur passende Liquiditätshilfen! Es ist immer noch ein Akt der Solidarität älteren und vorerkrankten Menschen gegenüber, die den irgendwo verständlichen Wunsch auf ein weitergehendes Leben haben. Möglicherweise wäre ein realistischer Schutz unter großem Aufwand für alle Beteiligten im Gastgewerbe irgendwie darstellbar. Aber macht das gleichzeitig auch Lust auf einen Restaurantbesuch? Und wäre das wirklich verantwortungsvoll? Wir dürfen uns jetzt nicht zu einem kaufmännischen Himmelfahrtskommando verleiten lassen und damit die Politik und die Gesellschaft aus der Verantwortung entlassen.

Lasst uns darum für Anstand und Solidarität innerhalb der Wertschöpfungsketten und für greifende Hilfen und Transparenz aus der Politik einsetzen! Das ist es, was wirklich helfen würde. #leerestühle fordert das mittlerweile ganz passend. Aber lasst uns bitte erst aufmachen, wenn die Krise überwunden ist und auch alle wieder wirklich Lust auf das Bier und das Schnitzel in ihrem Lieblingslokal haben.

Bleibt gesund und bewahrt Euch Eure Zuversicht!

Euer Alexander


22. März 2020 | Folge 5

Es muss ein Akt der Solidarität werden.

Seit meinem Video vor ein paar Tagen auf Facebook haben mich viele angeschrieben und auch um Rat gefragt. Dies erhöht den Druck, den ich wegen meiner eigenen und vor allem der Existenz meiner Mitarbeiter deutlich verspüre, um so mehr. Ich will unsere Arbeitsplätze retten. Das wird mir bestimmt auch irgendwie gelingen. Und ich wünsche mir, dass möglichst viele Betriebe überleben und wir gemeinsam nach der Krise die Menschen mit unserer bunten Branche wieder erfreuen können.

Aber zum Jetzt: Seit heute versiegen die Einnahmen komplett und den Gastronomen geht der Arsch auf Grundeis. Zu recht! Die Kosten aus Verträgen laufen weiter. Die Miete, die Löhne, Leasingraten und Finanzierungen. Diesen Ausgaben stehen erstmal keinen Einnahmen gegenüber, so dass je nach wirtschaftlicher Lage die Insolvenz absehbar ist. Eine Frage der Zeit!

Die versprochenen Hilfsmaßnahmen sehen noch verflucht danach aus, dass wir die auflaufenden Defizite langfristig finanzieren müssten. Wenn dann Kreditwürdigkeit besteht. Die Verwechslung dieser Tage: Die von der Regierung versprochenen unbegrenzten Mittel sind nicht mit ungeprüften Mitteln gleichzusetzen. KFW-Kredite stehen auch erst Mitte April bereit. Laufende Ausgaben wie Krankenkassenbeiträge, Steuern, BGN werden wohl vorerst gestundet, so dass sich dadurch ein nicht zu bewältigender Schuldenberg auftürmen könnte.

Es werden auch Liquiditätshilfen zum Beispiel von der N-Bank gehandelt. Die Vergaberichtlinien sind noch nicht bekannt. Aber es hilft nichts: Es muss jetzt erstmal Liquidität gerettet und generiert werden, um Löhne bezahlen zu können. Auf meiner Internetseite habe ich hinterlegt, welche Hebel umgelegt werden müssen, wenn noch nicht geschehen. Es werden dabei Kollateralschäden angerichtet, über die mit allen Beteiligten gesprochen werden müssen.

Es kann am Ende nur solidarisch gelöst werden. Jeder muss ein wenig Schmerz tragen. Von uns wurde diese Solidarität zuerst gefordert. Unsere Bundeskanzlerin hat die Bevölkerung gebeten, nicht mehr in die Gastronomien zu gehen. Die Öffnungszeiten wurden beschnitten und nun die Betriebe ganz geschlossen. Angesichts der Lage vollkommen richtig, und eher noch zu spät. Dadurch stehen wir und natürlich auch viele andere Branchen in der ersten Linie des wirtschaftlichen Totalschadens: Umsatz null! Aber dieser Schaden muss über alle Ebenen verteilt werden. Der Vermieter zum Beispiel darf nicht auf die volle Miete bestehen. Auch er muss sich solidarisch zeigen. Ich höre von Beispielen, bei denen Vermieter keine Verhandlungsbereitschaft zeigen. Das ist nicht anständig. Das gleiche gilt für die Getränkefachgroßhändler und für die Produzenten. Wir müssen uns über die Schäden vergleichen, diese gemeinsam tragen und die Hilfen aus der Politik fair verteilen. Das ist ein Zeichen von Anstand und Solidarität in der Krise.

Aber wir Arbeitgeber müssen uns auch anständig unseren Mitarbeitern gegenüber verhalten. Entlasst keine Mitarbeiter! Auch nicht aus Angst! Zeigt Euch da auch solidarisch und versucht alles, sie zu halten. Sie haben es verdient. Schmerzlicher Weise ist es so, dass wir das Kurzarbeitergeld, wenn dann angezeigt, irgendwie vorfinanzieren müssen. Und KUG ist für das Gastgewerbe ganz und gar nicht ideal. Aber wenn wir die Mitarbeiter unrechtmäßig entlassen, fallen sie aus einem sicheren Vertragsverhältnis heraus. Kein sicheres Zahlungsverhältnis! Aber immerhin ein Vertragsverhältnis! Ob sie in diesen turbulenten Zeiten bei der Arbeitsagentur oder dem Sozialamt unterkommen ist fraglich. Sprecht mit Euren Leuten und findet Kompromisse und Lösungen. Dieser Anstand ist von uns gefordert. Sie werden es Euch danken und nach der Krise wieder für Euch kämpfen, wie sie es auch davor getan haben. Ich zumindest spüre viel Dank und Zuspruch aus meinem Team. Lasst uns diese Krise so meistern, dass wir uns hinterher alle noch in die Augen sehen können.

Die Zeit verrinnt für uns Unternehmer sehr langsam! Die Politiker machen bestimmt alles und aus Sicht eines Politikers auch schnell. Aber bitte richtet Euren natürlichen Blick nicht nur auf große Unternehmen, sondern auch auf die kleinen und mittleren Betriebe. Lobbyismus ist jetzt uncool! Seid auch anständig!

Leute, macht auf Euch aufmerksam, übt Druck auf die Politik aus! Aber verhaltet Euch alle solidarisch! Am Ende kann die Gesellschaft erstarkt aus der Krise hervorgehen, weil es gelungen ist, sie gemeinsam zu bewältigen.

Ich wünsche Euch allen einen guten Verlauf!

Alexander


10. Januar 2020 | Folge 4

Dürfen wir für Änderungswünsche einen Aufschlag berechnen?

Wir merken deutlich, dass die Anspruchshaltung unserer Gäste zunimmt. In den Küchen häufen sich die Textbotschaften auf den Bons, in denen Änderungen gefordert werden: „Ohne Zwiebeln“, „ohne Gurken“, „ohne Käse“, „scharf“, „kross“, „mehr Sauce“ sind die üblichsten Sonderwünsche der Gäste. In unserem „Tim´s 5 Tageszeiten“, einer in einer Passage liegenden Brasserie mit 260 Sitzplätzen haben diese Änderungswünsche so sehr überhandgenommen, dass unsere Betriebsabläufe häufig gestört werden. Wir verzeichnen zwischen 150 und 200 Textbotschaften täglich, was unsere Köche besonders in den Stoßzeiten aus ihrem Workflow bringt und somit die Produktion verlangsamt. Auf der anderen Seite des Passes sieht es nicht besser aus, da auch der Servicemitarbeiter auf den ersten Blick nicht erkennen kann, welches nun zum Beispiel der Burger ohne Gurke ist. Bedingt durch die Lage und das Angebot ist das „Tim´s 5 Tageszeiten“ besonders in der Mittagszeit gut frequentiert, was bedeutet, dass wir unsere Gäste nicht lange warten lassen dürfen. Dieser Vorsatz steht in einer Wechselwirkung zu den zahlreichen Umbestellungen. Für uns an der Zeit, über Lösungen nachzudenken. Darum haben wir uns entschieden, für Beilagenänderungen, was auch das Weglassen von Komponenten einschließt, einen Euro zu berechnen. Während der Stoßzeiten benötigen wir einen Koch mehr, der dafür sorgt, dass die Abläufe geordnet bleiben. Wer aber bezahlt diesen Koch?

Unsere Servicemitarbeiter wurden angehalten, in den Situationen der Bestellung mit Sonderwunsch auf den Euro hinzuweisen. Ebenfalls haben wir entsprechende Hinweise in die Speisekarten geklebt. Uns ist es nicht daran gelegen, diesen Euro tatsächlich zu kassieren, sondern wollten unsere Gäste im Sinne unseres Workflows und den damit verbundenen Wartezeiten sensibilisieren. Wir gingen davon aus, dass diese meist nur leichtfertig und aus einer Laune heraus geäußert wurden. Die meisten Gäste reagierten entspannt und verzichteten auf ihren Sonderwunsch. Aber dann tauchten neben einem ausgewachsenen Shitstorm in den digitalen Medien Fragen, die es zu bedenken gilt, auf. Als erstes meldeten sich die Interessenvertreter der Allergiker, die sich zusätzlich zu ihrer Erkrankung durch uns bestraft sehen würden. Danach folgten die Vertreter einer nachhaltigen Lebensweise. Diese führten an, dass es nicht OK sei, wenn sie den Änderungswunsch angesichts des Euro nicht äußerten, sie die Gurkenscheibe dann auf dem Teller liegenlassen und diese dann ja weggeworfen werden würden. Dann mussten wir lernen, zwischen den Beilagenänderungen zu differenzieren. Ist eine Beilagenänderung der Austausch ganzer Beilagen, wie zum Beispiel Pommes gegen Ofenkartoffel? Oder ist eine Beilagenänderung tatsächlich das Weglassen oder Hinzufügen von Komponenten wie zum Beispiel Zwiebeln im Salat? Oder ist es das Verändern einer Rezeptur, wenn zum Beispiel das Weglassen von Currypulver auf der Currywurst oder die salzfreie Hähnchenbrust gewünscht wird? Und gilt der Euro pro Änderungswunsch oder pro verändertem Gericht? Wie wäre da das Champignonrahmschnitzel zu berechnen, bei dem wir die Pilzsauce gegen gebratenen Speck und Zwiebeln austauschen sollten?

Mit dieser Erfahrung bleiben für uns noch zwei weitere Fragen offen: Wie hat Gastronomie früher so unkompliziert funktionieren können? Und wer bekommt eigentlich den Euro, wenn wir die Gäste mit unserer Dressing- oder Garstufenabfrage behelligen? Die Lösung kann nur sein, die gesamte Preiskalkulation anzupassen und den erhöhten Personalbedarf darin zu verstecken.

Euer Alexander


19. Juli 2019 | Folge 3

Für mehr Wertschätzung

Gastronomien haben eine Bedeutung für die öffentliche Gemeinschaft und das Lebensgefühl der Bewohner einer Stadt. Sie sind schon immer die Wohnzimmer einer Gemeinde gewesen, in denen sich die Menschen treffen, sich austauschen und das soziale Leben pflegen. Dieses Prinzip gilt für das Gasthaus eines Dorfes, das Vereinsheim und gleichermaßen für die Brasserie in einer großstädtischen Einkaufspassage. Das soziale Leben leidet, wenn die gastronomischen Einrichtungen fehlen oder nicht gut sind. Die Rolle einer Gastronomie geht über die Versorgung von Bedürfnissen wie Hunger und Durst oder der Suche nach einer Sitzgelegenheit hinaus. Der Gast sucht nach sozialem Entertainment, Zugehörigkeit, Informationen sowie Sicherheit und möchte dabei besonders spüren, dass man sich mit dem Gefühl der Wertschätzung um ihn bemüht.

Für die Mitarbeiter, die Kellner, Spüler, Köche oder Barkeeper ist es eine besondere Verantwortung, dieser Rolle für die öffentliche Gemeinschaft gerecht zu werden. Es gibt Ihrer Tätigkeit einen Sinn, der über das bloße Servieren von Speisen und Getränken hinausgeht. Es geht um positive Emotionen wie Freundlichkeit, Charme, Fürsorge und Wertschätzung, die mit einer gewissen Empathie transportiert werden wollen. Dies ist nebenbei der einzige Weg, mittels derer ein Gast eine ordentliche Aufschlagkalkulation gerne hinnimmt. Für ihn ist es nicht die prozentuale Einpreisung von Lohn- und Raumkosten oder dem unternehmerischen Risiko, sondern es ist schlicht das Gefühl der Wertschätzung für eine Dienstleistung und ein Produkt, welche unabhängig vom technischen Niveau der Gastronomie transportiert werden will.

Nur Gastronomen die verstanden haben, dass Gästen diese Wertschätzung authentisch vermittelt werden muss, werden mit ihrem Team erfolgreich sein. Es ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein umso wichtigerer Ansatz, sich als Gastronom um sein Team zu bemühen und dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen und dieser motiviert nachgehen. Es ist notwendig, den Sinn, den Spirit und die Methoden zu verstehen, wenn man die Berufe in der Gastronomie betrachtet. Gehalt und Trinkgeld sind nur der notwendige rationale Baustein, welcher oftmals zu gering ausfällt, besonders da die Leistungen schwerpunktmäßig in den Zeiten erbracht werden, wenn das Gros der Bevölkerung seine Freizeit genießt. Auch darum verdienen die Mitarbeiter der Gastronomien, die Tag für Tag ihr Bestes geben, mehr Respekt und Anerkennung.

Es sind die kleinen netten Interaktionen zwischen den Gastronomen, Mitarbeitern und Gästen, die Wertschätzung, Dank und Freude zurückgeben. Diese positiven Emotionen werden mit allen Kollegen geteilt und machen unseren Beruf so zu einem besonders attraktiven Teamevent. Dieses Feedback begründet den besonderen Geist, den die Gastronomie als Arbeitsplatz besonders auszeichnet und viel zu wenig in der öffentlichen Wahrnehmung Erwähnung findet. Dieser Spirit wird von motivierten Mitarbeitern getragen, die in den stressigen Situationen eines Stoßgeschäfts mit adrenalingetriebener guter Laune Gästen ein Lächeln schenken und sich untereinander mit netten Sticheleien an der Getränkeausgabe oder dem Pass in der Küche antreiben und so die Zeit wie im Flug vergehen lassen. Wenn die Rahmenbedingungen im Betrieb passen.

Euer Alexander


24. April 2019 | Folge 2

Warum der Schriftzug „I LOVE GOSLAR“?

Wir möchten dazu beitragen, dass Goslar noch schöner ist

Goslar ist eine lebenswerte Stadt mit liebenswerten Bürgern. Es ist die Stadt Goslar und es sind die Goslarer, die letztendlich unsere Aktivitäten tragen und erst möglich machen. Dafür sind wir dankbar und glücklich, genau hier zu sein.

Wir sprechen hier nicht nur von Kultur und Architektur wie dem Weltkulturerbe, dem Kaiserring, der Faszination Fachwerk, den kleinen Gassen und der Abzucht, die sich durch den Ort schlängelt. Es ist auch nicht nur die Nähe zur Natur, die es möglich macht innerhalb weniger Minuten mit dem E-MTB auf den Trails und in den Wäldern unterwegs zu sein. Es sind auch und gerade die Menschen unseres Netzwerks an Partnern, Freunden, Gästen und nicht zuletzt auch Mitarbeitern, die das Gesamtbild abrunden und Goslar für uns zu einem liebenswerten Ort machen.

„I LOVE GOSLAR“ ist Bestandteil unserer Kampagne zur Steigerung der Markenidentifikation für Gäste und Mitarbeiter mit der „Gastro Urban GmbH“ unserer Betreibergesellschaft mittels der wir unsere Betriebe „Tim´s“, „mycoffee“, „Schiefer“, „Wildfang“ und unser Hotelarrangement „Uphillfun-Harz“ führen. Das Ziel dabei ist, die Betriebe miteinander zu verbinden, um notwendige Synergien erzeugen zu können. Erkennbar wird dieses u.a. an der einheitlichen Arbeitskleidung der Mitarbeiter in allen Betrieben und den für alle Betriebe geltenden digitalen Gutscheinen sowie Bonuskarten.

Insbesondere unsere Mitarbeiter wissen, dass wir in den letzten Monaten viel und konstruktiv an uns selbst und am Team gearbeitet haben, um unsere „Gastro Urban GmbH“ für uns zu definieren. Dabei ist deutlich geworden, dass wir - anders als die meist touristisch orientierte Gastronomie - unsere Betriebe in Goslar mit Schwerpunkt für die Goslarer betreiben wollen und dürfen. Dieses erfüllt uns mit Stolz und Freude, da dieses unsere wichtigste gemeinsame Schnittmenge ist. Unsere Stammgäste und die vielen kleinen Geschichten des täglichen Lebens, die ein solch persönliches Miteinander mitbringt, bestätigen uns das immer wieder. Deshalb ist der Schriftzug „I LOVE GOSLAR“ für uns zu einem leuchtenden Symbol geworden, das unsere Verbundenheit zu Goslar und seinen Menschen, für die wir da sind, unterstreicht. Dies ist unsere positive Verbindung zu Goslar, der wir uns verpflichtet fühlen.

Der Schriftzug „I LOVE GOSLAR“ ist als Fotomotiv gedacht, das bei jedem Betrachter eigene Assoziationen auslösen wird und auch auslösen soll. Darum laden wir alle Goslarer und auch alle Touristen dazu ein, Ihre eigenen Geschichten mit uns auf unserer Facebookseite „I LOVE GOSLAR“ oder bei Instagram mit dem Hashtag #ilovegoslar zu teilen sowie unseren Aussage „I LOVE GOSLAR“ in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. So können wir viele positive Impulse zurückgeben und die Menschen mitnehmen, aus ihren eigenen Motiven heraus und mit uns zusammen Goslar noch positiver zu sehen. Das ist unser Ansporn.

Euer Alexander


07. August 2018 | Folge 1

Die Gastronomie ist in Gefahr

Eine Branche ist im Wandel und die Gastronomie in Gefahr. Drei Punkte sind dabei für mich ausschlaggebend: Mindestlohn, Fachkräftemangel und Rahmenbedingungen.

In der Folge des Mindestlohngesetzes müssen weniger qualifizierte Arbeitnehmer teurer bezahlt werden. Hierdurch wird der Leistungsgedanke unserer Gesellschaft ad absurdum geführt, da sich weniger qualifizierte und weniger motivierte Arbeitnehmer nun noch weniger um bessere Löhne bemühen müssen. Gleichzeitig ist festzustellen, dass viele junge Menschen aufgrund mangelnder Förderung im Elternhaus und einer unzulänglichen schulischen Ausbildung kaum vorbereitet in den Arbeitsmarkt entlassen werden. Dies drückt sich vor allem dadurch aus, dass sie oftmals über keine nennenswerten Schlüsselqualifikationen verfügen. Auffallend ist zudem ein dramatischer Mangel an Allgemeinbildung sowie an einer gesunden Vorstellung vom Leistungsgedanken. Diese Entwicklung wird durch den übermäßigen Konsum privater Fernsehsender und der Meinungsbildung durch soziale Medien zumindest begünstigt.

Motivierte und kompetente Arbeitnehmer unterliegen der Gesetzmäßigkeit von Angebot und Nachfrage. Insbesondere sollte diese Nachfrage in Zeiten des Fachkräftemangels recht hoch sein, was eigentlich gegen die Notwendigkeit eines Mindestlohngesetzes spräche. Wenn es da nicht ein paar Arbeitgeber gäbe, die durch Umgehungstatbestände oder Steuervermeidungsstrategien glänzen und deren Einstellung zum „Human Capital“ zudem aus der Kolonialzeit stammen könnte. Fest steht jedenfalls, dass die Beliebtheit der Branche als Arbeitsplatz so nicht gefördert wird und Arbeitnehmer eher einen Bogen um uns machen. Diese suchen nach Anerkennung, Lebensqualität, dem Wunsch nach Sinnhaftigkeit am eigenen Tun – und möchten auch noch von ihrer Arbeit leben können. All dem müssen wir entsprechen, um unsere tolle Branche mit ihrem ganz besonderen Spirit zu schützen und für den Arbeitsmarkt attraktiv zu gestalten. Die Gastronomie darf ihren emotionalen Charme nicht verlieren!

Von staatlicher Seite werden die Unternehmen mit einer spektakulären Flut an Verpflichtungen zu Dokumentationen, Auflagen und Gefährdungsbeurteilungen überschüttet. Die Gastronomie wird so in die Enge getrieben. Dies ist teils selbst verschuldet, weil der eigene Ruf nicht für eine starke Lobby taugt, und teils, weil die Politik schlichtweg versagt. Die Wettbewerbsverzerrung, die durch schwarze Schafe verursacht wird, müsste zum Beispiel besser bekämpft werden. Schlagworte wie Digitalisierung, Markenidentifikation und Personalentwicklung müssen mit Leben gefüllt werden, damit die gastronomischen Konzepte auch in Zukunft tragfähig sind. Die Branche steht angesichts der beschriebenen gesellschaftlichen, politischen und administrativen Fehlentwicklungen vor einer gewaltigen Herausforderung, welche vor allem für den Einzelunternehmer kaum zu bewältigen ist. Umso mehr bedarf es positiver politischer Entscheidungen, für die wir uns vehement einsetzen müssen.

Bleibt optimistisch!

Euer Alexander